Windmühlen und ihre Geschichte
3. September 2020

Windmühlen sind schön anzusehen und wir lieben sie als romantisches Fotomotiv. Aber Mühlen sind weitaus mehr als idyllische Momentaufnahmen vergangener Zeiten …

Kaum jemand denkt beim Anblick einer Wind- oder Wassermühle darüber nach, welch spannende Geschichte und vor allem Bedeutung für die Menschheit dahintersteckt. Dabei sind sie die ersten technischen Kraftwerke der Weltgeschichte. Muskelkraft durch natürliche Energien wie Wasser und Wind zu ersetzen war eine bahnbrechende Erfindung.

Also gibt es mal wieder einen Blogbeitrag und anscheinend interessieren auch Sie sich für das Thema. Dann sind wir ja schon mal mindestens Zwei.

Tauchen Sie also mit mir in die Welt der Molinologie ein.

Dieses Wort haben Sie zuvor noch nie gehört? Ich auch nicht! Es bedeutet nichts anderes als Mühlenkunde. Los geht’s …

Der Begriff Mühle kommt aus dem lateinischen und bedeutet mahlen. Das wiederum beschäftigte die Menschen seit der Jungsteinzeit und so beginnt die Historie der Windmühlen vor ca. 30.000 Jahren.

Das zeigen archäologische Funde aus dieser Zeit. Untersuchungen verschiedener Mahlwerkzeuge belegen, dass schon damals die Herstellung von Mehl weit verbreitet war. Dazu nutzten die Menschen einen Stein mit einer flachen Mulde als Unterlage und einen weiteren, um das Getreide zu zerreiben und zu zerstoßen. Rund 5000 Jahre gewann man auf diese anstrengende Weise Mehl.

Der nächste Schritt war die Nutzung einer Handdrehmühle.

Zeitpunkt und Herkunft ihrer Erfindung sind bis heute umstritten. In Griechenland wurde sie seit 500 v. Chr. genutzt. Mehl war damals aufgrund der im Keim enthaltenen Fette kein Vorratsprodukt. Daher musste es meist frisch gemahlen werden. Da war die Handdrehmühle ein praktisches Werkzeug.

Nach der Handdrehmühle entwickelte sich im Mittelmeerraum die Hebelstangenmühle. Über einem fixierten Bodenstein bewegte man mittels einer Hebestange einen Mahlstein hin und her. Der nächste Schritt war die von Mensch oder Tiere angetriebene Rotationsmühle bzw. Göpelmühle. Dabei wurde zum Antrieb der Mahlsteine ein Pferd über den horizontalen Schwengel im Kreis geführt.

Über das Zahnradgetriebe wurde die entstehende Drehbewegung auf andere Antriebswellen übertragen. Diese frühe Mühlenform wurde auch als mobile Feldmühle bei der Truppenversorgung eingesetzt. Im Museumsdorf Cloppenburg kann man noch eine solche Technik  besichtigen.

Museumsdorf Cloppenburg: Rossmühle aus Mimmelage
(Landkreis Osnabrück), 1850 bis 1890

Im Laufe der Zeit wurde der Begriff Mühle zu einem Oberbegriff einer vielfältig einsetzbaren Maschine.

Es gab ja nicht nur Getreidemühlen. Die meisten Manufakturen und Industriezweige gehen auf diese Technik zurück. So gehörten Mühlen über einen langen Zeitraum zum ganz normalen Alltag der Menschen. Mit der Zeit und ihren technischen Fortschritten kamen Wassser- und Windkraft ins Spiel und nahmen Mensch und Tier die schwere körperliche Arbeit ab.

Das Wasserrad

Die Erfindung des Wasserrads trieb die Mühlentechnik entscheidend voran. Sie wurde bereits in der Antike genutzt. Die mit Wasserkraft betriebenen Schöpfwerke waren Hebevorrichtungen, die zu verschiedenen Zwecken eingesetzt wurden. Das Prinzip; Wasser wurde geschöpft, bzw. angehoben und in höherliegende Felder verteilt oder in andere Gewässer weitergeleitet.

So dienten sie der Bewässerung in der Landwirtschaft, entwässerten Sümpfe und Moorgebiete oder waren zur Landgewinnung in Niederungen an Flüssen und in Marschen an der Nordsee im Einsatz. Der genaue Ursprung lässt sich nicht eindeutig ermitteln. Die Mesopotamier sollen bereits viele Jahre vor Christus Wasserschöpfräder betrieben haben.

Die Zeitangaben dazu schwanken allerdings zwischen 1200, 300 und der Zeit um 60 v. Christus. Die ans Mittelmeer angrenzenden Länder waren schon auf Grund ihrer klimatischen und hydrographischen Verhältnisse auf eine künstliche Bewässerung angewiesen. Schon frühzeitig wurden daher Staudämme und Wasserhebemaschinen entwickelt. Dabei kam die Archimedische Schraube zum Einsatz.

Wassermühlen

Die ersten Wassermühlen waren Stockmühlen. Dabei gab es zwei Konstruktionsprinzipien. Bei der einfachen Bauweise stand das Schaufelrad horizontal im Wasserstrom. Die andere Variante verwendete ein bis zu 2,5 m hohes Wasserrad, das mit seinen Schaufeln senkrecht im Fluss arbeitete.

Über Herkunft, Entwicklung und Verbreitung weiß man sehr wenig. Sicher ist nur, dass er in römischer Zeit bereits genutzt wurde. Sie waren bis in die Neuzeit im gesamten Mittelmeer- und Alpenraum in Gebrauch. Hunderte Schöpfräder erleichterten den Menschen damals an den Flüssen zwischen Spanien und Persien die Arbeit.

Die ersten europäischen Kornmüller gab es ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. bei den Römern.

Im 5. Kapitel des letzten Bandes der „Zehn Bücher über Architektur“ von Vitruv um 30-22 vor Christus findet sich die zeichnerische Darstellung und Beschreibung der ersten Wassermühle mit Steinmahlgang.

Am Ende der Antike war das Wasserrad aus Mitteleuropa weitgehend verschwunden. Erst ab dem 11. Jh. kam es erneut zum Einsatz. In ganz West- und Mitteleuropa bis in den Nord- und Ostseeraum waren Wasserräder ab dem Mittelalter als Antrieb von Mahlmühlen und anderen Maschinen verbreitet. Um 1800 soll es mehr als eine halbe Million solcher Mühlen zwischen Atlantik und Ural gegeben haben.

Wassermühle in Maastricht, NL

Windmühlen

Soviel zu Wassermühlen, doch wie ist das mit den Windmühlen? Windenergie wird schon seit 5000 v. Chr. genutzt. Von der Segelschifffahrt über Getreidemühlen bis hin zu Wasserpumpen war der Wind die erste vom Menschen genutzte Energieform und bis heute von großem Nutzen für die Menschheit. Nur, dass unsere Windkraftanlagen heute etwas anders aussehen …

Von dem griechischen Erfinder Heron von Alexandria stammt die erste dokumentierte Nutzung von Windkraft mittels Windrads. Die genaue Datierung dieser Erfindung lässt sich nicht ermitteln. Herons Lebensdaten lassen sich nicht zweifelsfrei bestimmen. Es gibt Spekulationen, die von 100 v. Chr. bis 250 n. Christus reichen – eine lange Zeitspanne.

Die wahrscheinlichste Zuordnung geht von der Zeit um 100 n. Christus aus. Der gelehrter Wissenschaftler, Mathematiker, Mechaniker, Physiker, Naturforscher, Techniker, Ingenieur der Antike lebte in Alexandrien, Ägypten und lehrte dort am Museion, einer bedeutenden Forschungsstätte.

Heron gilt als der wohl genialste Erfinder der Antike.

Er entwickelte vermutlich um 100 n. Chr. ein mit Schaufeln ausgestattetes Rad, das zum Betrieb einer Orgel verwendet.wurde. Heron erkannte, von welchem Nutzen eine solche Technik für die menschliche Arbeitsleistung sein konnte. Doch es sollte noch 1000 Jahre dauern, bis sie zum Einsatz kam.

Quelle: W. Schmidt, Heron’s Windwheel, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Die Segelwindmühle (mit horizontalem Flügelrad) gehört zu den ursprünglichsten und ältesten Windmühlen der Erde.

Im 7. Jahrhundert. Als Segel nutzte man geflochtene Matten. Wahrscheinlich im Jahr 644 gab es an der Grenze von Persien zu Afghanistan die erste Windmühle dieser Bauweise. Sie werden daher auch persische Windmühlen genannt.

Ein sich horizontal drehendes Windrad, umgeben von einer halbseitigen Schutzmauer trieb über eine senkrechte Welle den Mühlstein an. Die Windfangmauern ließen den Betrieb einer solchen Mühle jedoch nur in einer Windrichtung zu. Vielleicht sind sie noch älter als die persischen sind die chinesischen Windmühlen.

Diese zeitliche Einordnung ist allerdings nicht exakt nachweisbar.

Chinesische Windräder nutzten die Windkraft besser als die persischen und wurden für den Antrieb von Wasserpumpen verwendet. Sie liefen ähnlich wie ein Karussel über eine senkrechte Rotordrehachse im Kreis. Die sogenannten Dschunkensegel waren sternförmig um die Achse herum angeordnet. Sie konnten daher mit jeder Windrichtung arbeiten.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f9/SKMBT_C55007120513590-2.JPG/633px-SKMBT_C55007120513590-2.JPGCarl von Canstein, SKMBT C55007120513590-2, CC BY-SA 3.0

Horizontal liegende Rotordrehachsen als Auftriebsläufer der ersten Windmühlen sind bis heute das grundlegende Prinzip in der Nutzung von Windkraft. Auch unsere heutigen modernen Windkraftanlagen arbeiten danach.  Windmühlentechnologien kamen vermutlich mit der Ausbreitung des Islams, aber auch über Asien, nach Europa.

Genau konnte man das bis heute nicht erforschen. Es gibt daher noch eine weitere Theorie. Im Mittelalter könnten europäische Ritter auf ihren Kreuzzügen im Nahen Osten Windmühlen gesehen und die Technologie anschließend in ihre Heimat gebracht haben.

Windmühlen in Europa

In Europa lassen sich mit Windkraft betriebene Mühlen erstmals im frühen 12. Jahrhundert nachweisen. Ihre Konstruktionen entwickelten sich stetig weiter. In jeder Region wiesen sie andere typische Merkmale auf. Einige Mühlenarten möchte ich hier kurz beschreiben.

Die älteste im europäischen Raum vorkommende Form war die Bockwindmühle. Sie waren um die eigene Achse drehbar. Dafür lagerte das gesamte Holzbauwerk auf dem Bock oder Kreuzwerk. Mit Hilfe eines abfallenden Ruderbalkens (Steert) ließen sich die Flügelflächen der Mühle jederzeit in den Wind bewegen.

Diese Konstruktion war aufgrund der ständig wechselnden Windrichtungen in Mitteleuropa unabdingbar.

Sie bedeutete einen großen technischen Fortschritt im Mühlenbauwesen. In Deutschland war dieses Prinzip so weit verbreitet, dass lange Zeit fälschlicherweise angenommen wurde, Windmühlen seien eine deutsche Erfindung.

Bockwindmühle, Museumsdorf CloppenburgBockwindmühle, Museumsdorf Cloppendorf

Die Koker- oder auch Köcherwindmühle entwickelte sich in Holland um 1410 und diente der Entwässerung der Polder. Bekannt ist sie auch unter dem Namen Wippmühle oder Holländische Jungfer. Auch sie lässt sich um die eigene Achse drehen.

Anders als bei der Bockwindmühle wies sie einen großen, mit Holz- oder Steinwänden fest umschlossenen Sockel auf. Darin war der Großteil der Mühlenmechanik und -räume untergebracht.

Museumsdorf Cloppenburg: Kokerwindmühle
aus Edewecht (Landkreis Ammerland), erbaut 1879

Im 16. Jahrhundert wurde in den Niederlanden die Holländerwindmühle/Kappenwindmühle erbaut.

Sie war eine Weiterentwicklung der Kokerwindmühle und gilt als modernste Form. Mit ihrem bis zu neunstöckigen Turm gab es deutlich mehr Platz um Maschinen aufzunehmen. Da der Körper auf einem achtkantigen, gemauerten Fundament ruht, werden sie auch Achtkanter genannt.

Der obere Teil ist entweder mit Holzschindeln oder Schilf gedeckt. Im Gegensatz zu allen anderen Bautypen wurde hier nicht das gesamte Gebäude gedreht, sondern nur die Kappe. Hauptwelle und Flügelkreuz ragen aus ihr heraus und werden je nach Windrichtung gedreht.

Molen de Valk, Leiden 1743Molen de Valk, Leiden 1743

Erheblich vereinfacht wurde dieser Vorgang Mitte des 18. Jahrhunderts. Eine spezielle Windrose drehte sich nun automatisch mit dem Wind. Über ein Zahnradsystem im Inneren der Mühle übertrug sie die Drehung auf die Kappe und brachte so die Flügel immer wieder in die optimale Position.

Diese technische Errungenschaft muss ein Segen für die Windmüller gewesen sein.

In England, Deutschland, Dänemark und den USA verbreitete sie sich schnell. Die holländischen Müller hingegen misstrauten der Windrose. Sie verließen sich lieber auf den Steert. Das hölzerne Hebelsystem ist außen an der Mühlenkappe angebracht.

Holländermühlen gab es in verschiedenen Bauarten. Eine davon ist der sogenannte Erdholländer oder auch Grundsegler genannt. Diese Mühlenform lässt sich vom Boden aus bedienen, daher der Name. Erkennbar ist sie an den bis fast zum Boden reichenden Flügeln. Bei schwachem Wind allerdings konnte dieser Mühlentyp keine Leistung erbringen.

 „Weltevreden“, Domburg 1817Grundseegler "Weltevreden", Domburg 1817

Im Gegensatz dazu konnten die sehr hoch gebauten Gallerieholländer selbst bei schlechten Windbedingungen Leistung erbringen. Allerdings war aufgrund ihrer Höhe der Steert unerreichbar. Daher umgab man die Mühle mit einer Galerie, von der aus man die Flügel in den Wind drehen konnte. So erklärt sich auch die Herkunft des Namens.

Eine Abwandlung der Bockwindmühle war die Paltrockwindmühle. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt. Das Mühlengebäude liegt auf einen gusseisernen Rollenkranz auf. Dank der tiefen Drehebene war sie deutlich stabiler und größer. So konnte sie im Inneren mehr Maschinen aufnehmen. Ein gemauertes Fundament trug die gesamte Konstruktion. Die gesamte Mühle ließ sich so nach Belieben drehen.

Windmühlen; diese leistungsstärksten Kraftmaschinen vorindustrieller Zeit waren vor allem in trockenen und windreichen Gegenden sowie im Flachland wichtig. Womit wir bei den Niederlanden wären. Windmühlen sind hier sehr verbreitet und sind in erster Linie Entwässerungsanlagen zur Landgewinnung.

Daher sind sie in ihrer Funktion eigentlich Windräder und keine Mühlen. In den Niederlanden sollen heute noch ca. 1050 Mühlen stehen. Sie gelten als typisches Landesmerkmal und sind bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt. Für dieses so besondere Kulturgut wurde die Stiftung Hollandse Molen ins Leben gerufen.

Auch in Deutschland gibt es etwas vergleichbares; die Stiftung historische Mühlen. Sie setzt sich bundesweit für die Erhaltung und Pflege dieser Denkmale ein.

Das Mühlensterben

Die Mühlentechniken entwickelten sich vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert immer weiter. Sie wurden immer ausgereifter und für die verschiedensten Arbeitsleistungen genutzt. Mit fortschreitender Industrialisierung und der Einführung der Dampfmaschine um 1780 änderte sich jedoch langsam aber sicher.

Die ersten Dampfmühlen entstanden in England. Ihr Vorteil; wetterunabhängig konnten sie jederzeit zum Einsatz kommen. Bis in die Nachkriegsepoche des 20. Jahrhunderts hinein blieben Windmühlen noch unverzichtbare Kraftmaschinen. Dann konnten sie mit den inzwischen motorgetriebenen Industriemühlen nicht mehr mithalten. Damit hatten Wind- und Wassermühlen ausgedient. Wie gut, dass heute noch zahlreiche historische Mühlenbauwerke besichtigt werden können.

Windmühlen haben übrigens auch eine Art Sprache. Die Stellung der Flügel signalisiert Ereignisse wie Todesfälle oder Feiertage. Steht das Flügelkreuz exakt in der Achse und teilt mit seinen Flügeln mittig genau Waagerechte und Senkrechte bedeutet es die Stilllegung einer Mühle.

Noch ein paar interessante Fakten zum Schluss:

Müllerei ist eines der ältesten Gewerbe der Menschheit. Bisher dachte ich immer, das sei auch ein angesehenes Handwerk gewesen. Weit gefehlt; vom Mittelalter bis in die Anfänge der Neuzeit mussten Müller Spott, soziale Ausgrenzung und Verachtung ertragen. Das hatte verschiedene Gründe.

Einer davon war das Verbot in den Krieg ziehen zu dürfen. Wer sollte sonst die Versorgung der Bevölkerung übernehmen? Absurd; einerseits unersetzlich und andererseits blieb so die Waffenehre verwehrt.

Der Berufsstand galt daher als unehrlich.

Das war  damals ein juristischer Standesbegriff mit weitreichenden Folgen. So war in den meisten Regionen den Müllern die Vereinigung in Zünften verboten. Er konnte weder in Ehrenämter der Gemeinde gewählt werden noch eine „ehrbare Dirne“ heiraten.

Der Status der Unehrlichkeit übertrug sich automatisch auch auf die Kinder des Müllers. Im Herzogtum Braunschweig wurde das sogar in den Taufschein eingetragen. Erst mit der Reichspolizeiordnung von 1548 änderte sich das. Ab da sollten Müller überall als ehrbare, redliche Handwerker in die Zünfte aufgenommen werden. Ihren Kindern wurde endlich erlaubt, auch andere Gewerke zu erlernen.

Die Stigmatisierung hatte ein Ende.

Dass Müller wetterbedingt auch an Sonn- und Feiertagen sowie nachts arbeiten mussten, trug im Mittelalter ebenfalls nicht zu ihrem Ansehen bei. Zudem erhielten einige Mühlen zusätzlich ein Schankprivileg und waren gerne auch mal Anlaufstelle für zwielichtige Gestalten. Auch von Mühlenprostitution wurde gemunkelt. Ob es sich dabei um üble Nachrede handelte? Genaues weiß man nicht.

Diebe und Betrüger?

Die Bauern hatten meist nur wenig Bargeld und zahlten stattdessen in Naturalien über den sogenannten Mahlzins. Das war ein festgelegter Anteil des zu mahlenden Getreides und ewiger Streitpunkt. Lieferten die Bauern ihre vollen Kornsäcke ab, konnten sie nicht nachvollziehen, wieviel Mehl der Müller am Ende als Entlohnung einbehalten hatte. So entstand immer wieder der Vorwurf des Betrugs und Diebstahls.

Müller zu sein war sehr beschwerlich. Abgesehen von harter körperlichen Arbeit und fehlender Anerkennung war auch die Mühlentechnik nicht einfach zu bewältigen.  Die Beschaffung der Mühlsteine war teuer und schwierig.

Der Transport erfolgte über den Wasserweg

aus entfernten Teilen Deutschlands.

Pro Mahlgang wurden zwei schwere Mahlsteine benötigt. Verfügte eine Mühle über mehrere Mahlgänge, benötigte sie entsprechend mehr Steine. Regelmäßig mussten die sogenannten Läufersteine auch geschärft werden. Das erledigte der Müller oder seine Gesellen mühselig per Hand.

Ja, so war es damals, das Müllerleben. Erst im 17. Jahrhundert verschwand der schlechte Ruf gänzlich. Die Müller waren nun in angesehenen Zünften und Innungen organisiert und legten eine Ausbildungsordnung fest. Kinder unbescholtener Eltern durften eine dreijährige Lehrzeit absolvieren. Im Anschluss an die Ausbildung ging der Geselle auf Wanderschaft. Nur so konnte er zum Meister ernannt werden.

Heute blickt man mit verklärter Romantik

auf das Mühlenleben zurück.

Das tatsächliche, so harte Leben der Müller ist heute weitgehend unbekannt. Schön, dass es eine nachträgliche Wertschätzung gibt. Die Anerkennung der „Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen“ wurde zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO erklärt.

Mich hat das Thema Mühlen nicht erst jetzt gepackt. Seit meiner Kindheit liebe ich sie. Heute als Fotografin noch viel mehr. So freute ich mich im letzten Sommer auf ein lange geplantes Fotoprojekt in Kinderdijk bei Rotterdam. Doch es scheiterte vor Ort an einem unzumutbaren Hotel in der Innenstadt. Nach einer schlechten Nacht und der Entdeckung einer Bettwanze am Morgen musste ich unverrichteter Dinge wieder abreisen.

In diesem Frühjahr sollte das Fotoprojekt eigentlich nachgeholt werden. Aber nun ja, ich muss auf das Ende der Pandemie warten. Aber es gibt Schlimmeres und vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr. Die Vorfreude ist groß und auch etwas Schönes.

Wenigstens hatte ich neulich das unverhoffte Glück im niedersächsischen Museumsdorf Cloppenburg drei Windmühlen fotografieren zu können.  Die Fotos davon und andere Aufnahmen aus den Niederlanden sehen Sie hier:

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