Das Binnenschifffahrtsmuseum Duisburg
24. April 2024

Im letzten Jahr hatte ich beruflich in Duisburg zu tun. Neben dem Landschaftspark Nord standen die Häfen auf der To-do-Liste. Durch die Arbeit im Industriehafen wurde mein Interesse an der Binnenschifffahrt geweckt.  Also stand ganz schnell der Besuch des Binnenschifffahrtsmuseums fest. Und der war spannender als erwartet.

Warum sich ein Besuch dort lohnt, erfahren Sie in diesem Beitrag. Dazu gebe ich einen kleinen Einblick in die Geschichte der Binnenschifffahrt. Das macht vielleicht auch Sie neugierig auf die Exponate des Museums. Schließlich ist der Bootsbau ein Meilenstein für die Entwicklung der Menschheit.

Das Museum der deutschen Binnenschifffahrt Duisburg

befindet sich seit 1998 im ehemaligen Städtebad.

Erste Pläne für ein solches Museum gab es bereits in der Nachkriegszeit. Besonders engagiert waren Cornelius Ankel und Gernot Tromnau; die ehemaligen Leiter des Niederrheinischen Museums (heutiges Kultur- und Stadthistorisches Museum). Bis zur tatsächlichen Eröffnung sollte es allerdings noch etwas dauern.

Der Fördergesellschaft des Museums gelang schließlich 1974 der entscheidende Schritt. Mit dem Kauf des Radschleppdampfers Oscar Huber erwarb sie den letzten erhaltenen Raddampfer auf dem Rhein. 1979 konnte die erste Sammlung ins ehemalige Ruhrorter Rathaus einziehen.

Das Museumsschiff liegt heute im Vinckekanal in Duisburg-Ruhrort. Vom Museum aus ist es fußläufig in etwa 10-15 Minuten erreichbar.

Dank der Internationalen Bauausstellung Emscher Park zog das Museum 1998 in den heutigen Standort; die ehemalige Städtische Ruhrorter Badeanstalt. Und dieses Gebäude hat es in sich; im wahrsten Sinne des Wortes. Auf insgesamt drei Etagen ist die umfassendste Sammlung zur deutschen Schifffahrt auf Flüssen, Kanälen und Seen untergebracht.

Das Gebäude wurde 1908-1910 im Stil des Späthistorismus/Jugendstil erbaut. Man muss bedenken, welchen Stellenwert solche Bäder früher hatten. Sie verfügten in der Regel über ein 20 m langes Schwimmbecken sowie Duschen und Badewannen.  Letzteres war das Wichtigste. Die Badegäste kamen in erster Linie für die Körperhygiene. Schließlich gab es in den einfachen Mietshäusern damals noch keine Badezimmer.

Doch auch der Sportsgeist kam nicht zu kurz. Am 09. November 1909 wurde der Schwimmverein Ruhrort 09 ins Leben gerufen.

Den zweiten Weltkrieg überstand der schöne Bau glücklicherweise fast ohne Schäden. So konnte sehr bald der Badebetrieb wiederaufgenommen werden. Bis 1986 wurde das Städtebad als Hallenbad genutzt. Pläne für eine Nutzung als Spaßbad (Opas Badeanstalt) scheiterten. Es wurde endgültig geschlossen. 1988 wurde es als Baudenkmal unter Schutz gestellt aber nicht mehr genutzt.

Das Thema Wasser bleibt …

Nun ist das ehemalige Schwimmbad bereits seit vielen Jahren ein Museum. Die Grundthematik ist geblieben; Wasser. Allerdings geht es nun um die Schifffahrt, genauer gesagt um die auf Binnengewässern. Die Binnenschifffahrt hat eine lange Geschichte, die in der Steinzeit ihren Ursprung hat. Man kann sich vorstellen, wie umfangreich die stattliche Sammlung sein muss.

Sie reicht bis in die Gegenwart und braucht viel Raum. Zahlreiche Exponate geben einen guten Einblick in die damit verbundenen Errungenschaften. Dafür wurden die vorhandenen Räumlichkeiten bestens (um)genutzt:

Die Binnenschifffahrt ist der Grundstein für alle Bereiche der Schifffahrt. Eigentlich logisch; bevor sich der Mensch auf die Meere hinauswagte, musste er erst einmal lernen, Flüsse und Seen zu überqueren. Und das gelang ihm bereits etwa 8000 vor Christus mit Holzbalken oder Hohlkörpern. In der Folge entwickelten sich daraus die ältesten Wasserfahrzeuge; Floß und Einbaum.

 Die Erfindung des Bootes war für die Fortschritte der Menschheit ein wahrer Meilenstein. Endlich konnten Flüsse, Seen und Meere überquert werden. Die neue Art des Reisens und Transportierens brachte bis dahin einander fremde Völker und Kulturen zusammen. Neue Handels- und Personentransportwege entstanden, aber leider auch neue Möglichkeiten Kriege zu führen. Wie alles hat eben auch die Schifffahrt zwei Seiten.

Ruder- und Segelschiffe

Nach Floß und Einbaum bauten die Menschen Ruder, bzw. Paddelschiffe.

Die Idee, Wind als Antrieb für Boote zu nutzen, reicht ebenfalls weit zurück. Es gibt Funde ägyptischer Schiffsmodelle aus der Zeit um 3500 v. Christus. Sie hatten einen flachen Boden ohne Kiel. Es waren Ruderschiffe, die aber auch mit einem rechteckigen Segel zur Nutzung der Windkraft ausgestattet waren.

Handel

Mit der Schifffahrt wurde der Handel einfacher und weitreichender. Handelsschifffahrt wurde schon in in der Antike betrieben. Besonders die Römer verstanden es, weltweit zu agieren; die erste Form der Globalisierung sozusagen. Was immer gewünscht wurde; auf den Marktplätzen Roms gab es alles. Kein Wunder; das römische Reich war ein gigantischer Wirtschaftsraum mit einem riesigen Handelsnetzwerk.

Die Römer müssen zudem excellente Nautiker gewesen sein. Aus antiken Schriften weiß man, dass die römischen Handelsschiffe mit unglaublichen Geschwindigkeiten durch das Mittelmeer reisten. Römische Handelsrouten waren demnach sehr wirtschaftlich.

Auch nach der Einrichtung eines umfassenden Straßennetzes blieb der römische Flusshandel ein schneller und preiswerter Transportweg. Dazu benutzten sie kleinere Handelsschiffe und -boote.  Auf dem Rhein wurde seit der Römerzeit vor allem Wein aus dem Kölner Umland und englische Wolle gehandelt.

Der Transport der Waren auf  See- und Binnengewässern war lange Zeit der wichtigste Handelsweg. Erst mit der Motorisierung wurden auch Landrouten regelmäßig genutzt.

Treidelschiffe

Zu Beginn der Binnenschifffahrt wurden selbst kleinere Binnengewässer befahren. Transportmöglichkeiten auf Landrouten waren aufgrund fehlender Motorisierung sowie schlechter Straßen kaum oder nur mühsam machbar. Umso wichtiger war die Binnenschifffahrt, aber zum Teil ebenso mühsam.

Während flussabwärts die Kraft der Strömung genutzt werden konnte, war das flussaufwärts anders. Hier kamen die Treidler zum Einsatz. Sie zogen vom Ufer, bzw. vom Treidelpfad (auch Leinpfad) aus mit einer Treidelleine Flöße, Kähne und Schiffe gegen die Strömung zum nächsten Zielort. Gegen kärgliche Entlohnung verrichteten Männer wie Frauen diese sehr anstrengende und gefährliche Arbeit.

Treidelgespann am Rhein, 16. Jahrhundert. Aus: Sebastian Münster: Cosmographey. Hencicpetrina, Basel 1572
By Reinhard Dietrich – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=83990022

Ein Bild aus dem Museum.

Wer es sich leisten konnte setzte stattdessen Pferde oder Ochsen ein. Um einen schweren Transportkahn zu bewegen waren bis zu 20 Tiere nötig.  Nicht immer war die Strömung flussabwärts stark genug für eine reibungslose Fahrt der Treidelschiffe. Das Ziehen vom Treidelpfad aus kam daher auch hier zum Einsatz.

Das 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert trugen drei technische Neuerungen ganz erheblich zum Fortschritt des modernen Schiffbaus bei. Dabei handelte es sich um Dampfkraft als Antrieb, der Einsatz von Eisen und Stahl im Schiffsbau sowie die Erfindung der Schiffsschraube. Dank Letzterer wurde die Antriebstechnik revolutioniert.

Kettenschiffe

Die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Einsatz kommenden Kettenschiffe revolutionierten die Schifffahrt. Es handelte sich dabei um Schleppdampfer, die zeitgleich mehrere Lastkähne ziehen konnten. Doch wie funktionierte das eigentlich?

In den genutzten Flussabschnitten wurde in der Mitte eine durchgehende, den Flusswindungen folgende Kette verlegt. Die Schlepper ‚hangelten‘ sich auf ihren Fahrten daran entlang. Dazu waren an Bug und Heck des Schiffes seitlich schwenkbare Ausleger angebracht. Über den Vorderen wurde die Kette nach oben geholt und über Deck zu einem dampfbetriebenen Kettengewinde auf der Mitte des Decks geführt. Von dort aus lief sie über den Ausleger am Heck zurück in den Fluss.

Über die Schlepptrosse konnte eine so immense Kraft erzeugt werden, dass ein Kettenschleppdampfer bis zu zehn Schleppkähne zeitgleich ziehen konnte.

Kettendampfer auf der Elbe bei Dresden

Doch damit nicht genug. Die gezogenen Lastkähne konnten nun die fünffache Fracht laden. Trotz des Kraftaufwands waren die Kettenschlepper zudem deutlich schneller als Treidelschiffe. Sie konnten ein mehrfaches der bis dahin möglichen Strecken in viel kürzerer Zeit zurücklegen. Alles in allem reduzierten sich dadurch auch die Transportkosten.

Mit diesen Vorteilen konnte die Binnenschifffahrt auch wieder in Konkurrenz zur Eisenbahn treten. So wurde über die Binnenwasserstraßen beispielsweise der enorme Kohlebedarf in den Anfängen der Industrialisierung gewährleistet. Der Transport auf Schienen konnte da nicht mithalten.

Motorschiffe

Das 20. Jahrhundert begann gleich mit einem entscheidenden Fortschritt für die Schifffahrt; dem Dieselmotor. Mit den beiden ersten damit ausgestatteten Binnenschiffen im Jahre 1903 änderte sich alles. Kein Wunder; die Dieselschleppboote konnten eine Leistung von 4000 PS erbringen. Das war die etwa 80fache Kraft der Dampfschlepper. Die neue Antriebsart stieß schnell auf großes Interesse.

Binnenschifffahrt heute

Die Binnenschifffahrt findet, wie der Name schon sagt, ausschließlich auf Binnengewässern statt und deckt in erster Linie die Bereiche Personen- und Gütertransport ab. In Deutschland können heute dazu etwa 7300 km Binnenwasserstraßen genutzt werden; 75% sind Flüsse und 25% Kanäle. Deutschlands wichtigste Wasserwege sind die Flüsse Rhein, Main, Donau, Mosel, Neckar, Weser, Elbe, Oder und Havel sowie die damit verbundenen Kanäle.

Biis heute wurden dafür unterschiedlichste Schiffstypen entwickelt. Da gibt es Frachter, Containerschiffe, Tanker, RoRo-Schiffe, Auto- und Personenfähren, Ausflugs- und Kreuzfahrtschiffe sowie Sport- und Fischerboote aber auch Arbeitsschiffe und Behördenfahrzeuge. In der Binnenschifffahrt war diese Entwicklung regional unterschiedlich.

Der Bootsbau für den Einsatz auf den unterschiedlichen Binnengewässern richtet sich nicht nur nach neuestem technischen Knowhow. Ebenso wichtig sind die Gegebenheiten der nutzbaren Gewässer. Breite und Tiefe von Fahrwasser und Fahrrinne, Höhe von Brücken sowie die Maße von Schleusen sind entscheidend für die Konstruktionen. Auch die Wirtschaftlichkeit eines Schiffes muss stimmen.

Globalisierung

Wie wichtig die Schifffahrt insgesamt ist, wird am Thema Globalisierung deutlich. Großräumiger Warentausch und interkontinentaler Handel per Schiff sind nicht neu. Dank der Erfindung des Segelantriebs gibt es das schon seit der Antike.

Doch das ist nicht immer unproblematisch. Wie schnell hier Probleme auftauchen können, bewies der Vorfall im Suezkanal 2021. Die Ever Given lief unter starkem Wind auf Grund. Sie stellte sich dabei schräg und blockierte den auf diesem Teilstück nur aus einer Fahrrinne bestehenden Kanal in beide Fahrtrichtungen. Eine schnelle Lösung war da nicht in Sicht.

Die Freilegung dauerte und die Schifffahrtsrinne des Kanals war sechs Tage lang blockiert. Hunderte Schiffe stauten sich in beiden Fahrtrichtungen. Die Folgen waren enorm. Die Blockade führte Schätzungen zufolge zu einem täglichen Transportausfall von Ladungsgütern im Wert von über neun Milliarden US-Dollar! Das Ganze ist also sehr sensibel. Doch es gibt noch andere Sorgen.

Der Klimawandel und die Schifffahrt

Der Klimawandel stellt auch die Schifffahrt vor neue Herausforderungen. Fast alle größeren Motorschiffe fahren heute noch mit Diesel. Allerdings steht dieser Treibstoff als umweltschädlich in der Kritik. Doch inzwischen sind die Schiffsmotoren kleiner, stärker und umweltfreundlicher. Außerdem gibt es inzwischen Monitore, Radar, GPS und Autopilot. Anstelle des Steuerrads sind die meisten Schiffe mit Joysticks ausgestattet.

Doch das alleine reicht natürlich nicht. Neue, innovative Techniken werden – wie in allen Bereichen – dringend gebraucht.

Ferngesteuerte Binnenschifffahrt

Und das ist nicht alles. Gerade nimmt eine neue bahnbrechende Entwicklung ihren Lauf auf. Wenn auch zunächst nur in der Probephase. Auf deutschen Wasserstraßen sollen Schiffe ferngesteuert unterwegs sein. In Duisburg hat die erste deutsche Fernsteuerzentrale für Binnenschiffe in Deutschland ihren Betrieb aufgenommen. Vom „Shore Control Center“ auf dem Haniel-Gelände aus werden per Funk und Kameras wird von dort aus ein Binnenschiff von Belgien auf dem Weg nach Antwerpen. Allerdings ist zur Sicherheit noch ein Kapitän an Bord.

Ziel ist, in einiger Zeit eine komplett ferngesteuerte Binnenschiffe, zumindest was den Güterverkehr angeht. Im nahegelegenen Belgien ist man da schon einen Schritt weiter. Hier fahren bereits drei ferngesteuerte Frachter im Hinterland von Oostende. Einer der Hauptgründe für diese Entwicklung sind Nachwuchssorgen und Fachkräftemangel. Der Beruf des Schiffsführers soll attraktiver werden.

Norwegen geht bereits revolutionäre Wege in der Seeschifffahrt: Dort wird die „Yara Eyde“ gebaut. Es ist das weltweit erste Containerschiff, das reines Ammoniak als Treibstoff verwendet. Dieser neue Treibstoff wird fossilfrei oder nahezu kohlenstofffrei hergestellt. Die erste emissionsfreie Seeroute wird von Norwegen nach Deutschland führen und zwischen Oslo, Brevik, Hamburg und Bremerhaven verkehren. Ab 2026 können hier voraussichtlich Handelswaren emissionsfrei transportiert werden.

Interesse geweckt?

Sie sehen, die Binnenschifffahrt war und ist spannend. Mein Blogbeitrag gibt nur einen kleinen Teil wieder. Fokussiert habe ich mich auf die wichtigsten Entwicklungen. Ich hätte noch viel mehr schreiben können. Aber noch näher darauf einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Letztlich wollte ich Ihnen auch nur den Besuch des Binnenschifffahrtmuseums schmackhaft machen.

Vor Ort können Sie noch viel mehr zum Thema selbst entdecken. Es lohnt sich wirklich, auch für diejenigen unter Ihnen, die sich bisher nicht so sehr für die Thematik interessieren. Auch für mich war es bis dahin Neuland. Vielleicht hat es mich gerade deswegen so begeistert und auch überrascht, wie umfangreich die Sammlung ist.

Sehr charmant fand ich übrigens auch das kleine kollektive Schiffspostkartenmuseum auf dem Obergeschoss über die „Postkartensammlung“ der Düsseldorfer Künstlerin Dorothée Bouchard. Die Ansichtskarten zeigen vielfältige Motive, die mit Schiffen und Wasser zu tun haben. Sehr interessant und amüsant!

Sind auch Sie neugierig geworden? Prima! Erfahren Sie direkt im Museum noch viel mehr über die Geschichte der deutschen Binnenschifffahrt, den Schiffsbau aber auch über die damit verbundenen Berufe sowie das Leben der Schiffer und ihrer Familien. Zudem können Sie die Architektur des ehemaligen Städtebads bestaunen. Das Baudenkmal besticht von Außen wie von Innen gleichermaßen.

Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall für die ganze Familie. Besonders Kinder werden begeistert sein. Während meines Aufenthaltes dort, bekam ich teilweise den Besuch einer Schulklasse mit. Die museumspädagogische Führung durch eine Mitarbeiterin des Museums war so toll gestaltet, dass ich mich am liebsten angeschlossen hätte. Jeder der Einzelnen jungen Teilnehmer hat deutlich hör- und sichtbar mit Spaß und Spannung viel lernen können.

Wo in Duisburg ist das Museum?

Alle Infos, die Sie für Anreise & Besuch benötigen sowie ganz viel Hintergrundwissen erfahren Sie auf der Webseite des Museums. Planen Sie unbedingt auch die Besichtigung der zu Wasser liegenden Schiffe mit ein. Sie sind in etwa 15 Minuten fußläufig über den Leinpfad erreichbar. Aber Achtung; sie sind nicht ganzjährig geöffnet. Als ich dort war, hatte ich leider keine Gelegenheit, weil sie saisonbedingt geschlossen waren.  Aber das hole ich in Kürze mehr als gerne nach.

Hier geht’s zur Homepage: Museum der deutschen Binnenschifffahrt
Haben Sie viel Spaß!

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