Gaskessel Wuppertal
31. August 2023

In Heckinghausen, dem kleinsten Stadtbezirk in Barmen, steht der ehemalige Gaskessel von Wuppertal. Er ist so etwas wie ein Wahrzeichen. Und das zu Recht …

Historie

Das erste Gaswerk Wuppertals stand in Heckinghausen. Die „Gasanstalt an der Mohrenstraße“ nahm bereits 1846 ihre Arbeit auf. Der Standort war ein Teilbereich von Barmen  und gehörte damals nicht zu Wuppertal.  Als eine der ersten deutschen Städte bezog sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts Ferngas aus dem Ruhrgebiet.

1910 baute Thyssen mit einer Strecke über 52 km die damals größte Ferngasleitung Deutschlands von Duisburg nach Barmen. Gegen Ende des zweiten Weltkriegs machten Bombenschäden der deutschen Gasindustrie immer schwerer zu schaffen. Die beiden Glockengasbehälter in Heckinghausen wurden durch den Luftangriff am 23. März 1943 zerstört.

Pläne für einen Wiederaufbau wurden 1949 vom Wirtschaftsministerium der Landesregierung Nordrhein-Westfalen genehmigt. Das MAN Werk Gustavsburg erhielt einen entsprechenden Auftrag der Stadt. So entstand in den Jahren 1950-1952 mitten in den Wiegen der Industrialisierung Deutschlands ein neuer Gaskessel.

Er hatte eine Höhe von 66,60 m und einem Durchmesser von 37,70 m. Die Grundfläche des riesigen Scheibengasbehälters betrug 1090 qm. Mit diesen Maßen konnte er 60.000 Kubikmeter Gas aufnehmen und wurde bis 1997 betrieben.

Rund oder nicht?

Der vermeintlich runde Bau ist tatsächlich ein Zwanzigeck mit jeweiliger Kantenlänge von 5,90 m. Die Konstruktion besteht aus 20 vertikalen Mantelpfosten. Daran sind, mit Nieten angebracht und etagenweise verschweißt, längliche Bördelbleche.

Im Inneren befindet sich eine vertikale Scheibe aus Eisenplatten. Je nach Füllmenge des Kessels wanderte diese sogenannte Scheibentasse über Führungsrollen wie ein Kolben auf und ab.

Mit einem Gewicht von 530 Tonnen drückte sie auf das Gasreservoir und schloss den Speicherraum nach oben gasdicht ab. Damit sorgte sie für einen konstanten Druck von 50 bar im Gaskessel.

Scheibentasse

Pipelines – die neue Technologie

Durch den technischen Fortschritt wurden im Laufe der Zeit immer mehr Gaskessel stillgelegt. Ferngas lieferte man nun mittels Pipelines aus dem nahen Duisburg und sicherte so die Dauerversorgung. Die Speicherung umfangreicher Gasmengen in großen Behältern war damit überflüssig.

Der Betrieb des Wuppertalers Gaskessels wurde im Jahre 1997 eingestellt. Als Zeugnis industrieller Geschichte stellte man ihn 1998 unter Denkmalschutz.

Der Wandel

Lange wurde überlegt, was mit dem ehemaligen Gaskessel geschehen sollte. Welchen Nutzen könnte er haben? Die Initialzündung gab schließlich der Unternehmer Thomas Drescher. Innovative Ideen sind seine Markenzeichen.

Der Wuppertaler Unternehmer betreibt mit seiner Sport-Park-Group inzwischen fünf Fitnessstudios im Stadtgebiet, eine alte Papierfabrik in Elberfeld mit Veranstaltungsflächen sowie den Crazy-Jump-Trampolinpark in Vohwinkel. 2019 kam der Gaskessel hinzu.

Innovative Köpfe am Werk

Gemeinsam mit seinen Partnern und Architekten Marcello Groß und Daniel Mai vom Wuppertaler Architektur Studio GKM wurde ein innovatives, weltweit einzigartiges Projekt daraus. Und es sucht noch heute Seinesgleichen.

Ausgezeichnet wurde es seit seiner Entstehung bereits mehrfach. U.a. erhielt das Wuppertaler Architektur Studio GKM den Architekturpreis 2020 BDA.  Doch was ist das so Besondere daran? 

 Die Architektur und eine spektakuläre Idee

Die äußere, denkmalgeschützte Hülle blieb unangetastet. Stattdessen entstand im Inneren des ehemaligen Scheibengasbehälters ein neuer, moderner 5stöckiger Betonbau. Keine leicht zu lösende Raumsituation …

Die Herausforderung dabei; die Statik ließ nur eine 4×4 Meter große Öffnung innerhalb des Gaskessels zu. Nicht gerade viel Spielraum für eine Baustelle. Das zog die Frage nach sich, wie und wo sollte man den notwendigen Baukran aufstellen?

Dafür gab es nur eine Lösung; er wurde in den Kessel gebaut. Dort steht er noch immer. Man sieht ihn im Showroom des Visiodroms. Ich hielt ihn zunächst für einen Teil der Lichttechnik.

Die Eröffnung des neugestalteten Gaskessels fand am 15. Juni 2019 statt. Schwierig war sicherlich die kurz darauf ausbrechende Pandemie. Gott sie Dank überdauerte das Projekt die folgenden schwierigen Jahre. Welches Glück für die Stadt und zahlreiche Besucher, die sich immer noch und wieder, täglich daran erfreuen können.

Das Innenleben und ein spektakuläres MischKonzept

Angesiedelt ist heute im ehemaligen Gaskessel Erlebniswert in dreifacher Form; Sportstudio, Restaurant und das Visiodrom mit immersiven Kunstshows und einem Skywalk in 70 Meter Höhe. Hier kommen also ziemlich viele Menschen auf ihre Kosten.

Eine solche Mischung ist sicherlich so – wenn überhaupt – nur selten anzutreffen. Und es scheint perfekt zu sein. Das Studio ist gut besucht und das Restaurant Aposto bietet u.a. den Besuchern des Visiodroms eine vielversprechende Speisekarte.

Visiodrom – Europas größte zylindrische 360° Leinwand

Das Visiodrom ist definitiv ein Erlebnis der sehr, sehr besonderen Art! Schon das Betreten des runden, sich in 47m Höhe erhebenden Raumes mit 38m Durchmesser ist speziell. Die Atmosphäre hat etwas Erhabenes.

Ringsum bieten Stühle und Sitz-, bzw. Liegekissen den Besuchern ein bequemes und angenehmes Verweilen und Genießen der Shows. Und die haben es in sich – im wahrsten Sinne des Wortes.

Die komplett mit Leinwänden ausgestatteten Wände ergeben 6.500 m² Projektionsfläche. 33 Hochleistungsprojektoren sorgen mit Lasertechnik für eine einzigartige Visualisierung jeglicher Themenwelten.  Da kommt keine noch so große Leinwand in Kinosälen heran.

Beginnt die Show, wird man magisch in des Geschehen hineingesogen. Begleitet von wunderbarer Musik vergisst man schlagartig alles außerhalb dieses Raumes. Da ist nur noch diese eine, andere Welt, in die man sich fallen lässt.

So erging es zumindest mir und ich denke, damit stehe ich nicht alleine. Das zeigen allein die Zahlen zur vorletzten Ausstellung. Mehr als 150.000 Besucherinnen und Besucher haben die Show „Monet – Rebell und Genie“ erlebt. Drei Mal ging man in die Verlängerung. Anstatt ein Jahr dauerte die Ausstellung 6 Monate länger.

Der ehemalige Gaskessel – ein neues Wahrzeichen

„Der Umbau des Gaskessels und der Aufbau des Visiodroms waren ein sehr großer Kraftakt. Das Alte bewahren und Neues erschaffen – auch dafür steht der Gaskessel heute. Es macht ihn zum Sinnbild für Entwicklung, Aufbruch und Erneuerung.“

So steht es im Pressebereich der Homepage der Gaskessel Wuppertal GmbH zu lesen. Der Text beschreibt das Projekt sehr gut. Der dahinterstehende Grundgedanke macht es zu einem einzigartigen Ort, an dem man sich mehr als gerne aufhält.

Das I-Tüpfelchen

Der Skywalk über dem Visiodrom in knapp 70 Metern Höhe ist ein Highlight im wahrsten Sinne des Wortes. Und es lohnt sich! Er bietet einen tollen 360º Ausblick über Wuppertal und rundet den Besuch des Gaskessels perfekt ab. Und auch das im wahrsten Sinne des Wortes.

Kunst im Visiodrom

Mehr dazu lesen und sehen Sie in Kürze auf der Homepage zu meiner Kunst.

Haben Sie nun auch Lust auf einen Besuch des Visiodroms bekommen? Ich kann es definitiv empfehlen. Sie werden es genießen, versprochen! Die Tickets buchen Sie am besten im voraus Online. Hier geht’s zur Webseite des Betreibers: Visiodrom

 


 

Weiterführende Linnk- und Literaturliste

Dabringhausen, G., 2012. Heckinghausen: 1300 Jahre an der Grenze zwischen Rheinland und Westfalen. BoD – Books on Demand.

Der Riese von Heckinghausen: Wuppertaler Stadtwerke [WWW Document], n.d. URL https://www.wsw-online.de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/pressemeldung/meldung/der-riese-von-heckinghausen/ (accessed 8.31.23).

Die deutsche Gasversorgung von den AnfŠngen bis 1998 [WWW Document], n.d. URL https://www.udo-leuschner.de/basiswissen/SB100-002.htm (accessed 8.31.23).

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Gaskessel Heckinghausen [WWW Document], n.d. URL https://www.architektur-wuppertal.de/objekte/anzeigen/2016/Gaskessel-Heckinghausen.php (accessed 8.31.23).

Gaskessel Wuppertal | Ein Industriedenkmal [WWW Document], n.d. . Gaskessel Wuppertal. URL https://der-gaskessel.de/ (accessed 8.31.23).

Heil, T., 2019. Wuppertaler Gaskessel: Eine Sensation für Barmen [WWW Document]. Westdeutsche Zeitung. URL https://www.wz.de/nrw/wuppertal/wuppertaler-gaskessel-eine-sensation-fuer-barmen_aid-39463063 (accessed 8.31.23).

Hiege, G., 2020. Gaskessel: Wuppertals Osten aus der Vogelperspektive [WWW Document]. Westdeutsche Zeitung. URL https://www.wz.de/nrw/wuppertal/gaskessel-wuppertals-osten-aus-der-vogelperspektive_aid-50657193 (accessed 8.31.23).

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ONLINE, R., 2018. Wuppertal: Der Gaskessel eröffnet im März 2019 [WWW Document]. RP ONLINE. URL https://rp-online.de/nrw/staedte/wuppertal/der-gaskessel-eroeffnet-im-maerz-2019_aid-23546865 (accessed 8.31.23).

Rundschau, W., 2019. Heckinghausen: Der Gaskessel wird zum Showerlebnis [WWW Document]. Wuppertaler Rundschau. URL https://www.wuppertaler-rundschau.de/stadtteile/heckinghausen-oberbarmen/gaskessel-in-wuppertal-heckinghausen-wird-projektionsraum_aid-39218333 (accessed 8.31.23).

Scheibengasbehälter, 2021. . Abteilung Wuppertal e.V. URL https://www.bgv-wuppertal.de/utopia/denkmal-4087/ (accessed 8.31.23).

Visiodrom im Gaskessel [WWW Document], n.d. . Wuppertal. URL https://www.wuppertal.de/tourismus-freizeit/wuppertal_erleben/wmg_visiodrom_gaskessel.php (accessed 8.31.23).

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