Maastricht – Reise in die Vergangenheit
11. März 2019

Die Hauptstadt der Provinz Limburg ist nach Nijmegen die zweitälteste Stadt der Niederlande. Aufgeteilt in sieben Bezirke mit insgesamt 44 Stadtvierteln zählt sie knapp 120.000 Einwohner. Die Stadt an der Maas weist eine lange Geschichte auf.

Dazu habe ich im Zuge meiner dort stattfindenden Fotokurse intensiv recherchiert und viel gelesen. Meine Nachforschungen führten mich von Internetquellen, bzw. Literatur jüngeren Datums bis hin zu historischen Schriften. Was ich dabei herausfand, möchte ich gerne mit interessierten Besuchern meiner Webseite teilen. Das Wichtigste habe ich hier zusammengefasst:

Vor langer, langer Zeit …

Die Wurzeln Maastrichts liegen bereits in der Eisenzeit. Der Beginn war eine keltische Siedlung ca. 500 Jahre vor Christus. Das legen Berichte des römischen Feldherrn Julius Caesars und ein Fund 109 keltischer Gold- und Silbermünzen nahe. Archäologen konnten sie den Eburonen zuordnen. Dieser Volksstamm lebte zwischen Rhein, Maas, Rheinland, Nordardennen und Eifel.

Im Gallischen Krieg kämpften die Kelten in Germanien gegen die unter Caesar einmarschierenden Römer. Etwa 55 vor Christus nahmen die Legionäre auch das Gebiet an der Maas ein und errichteten dort ein Lager direkt am Fluss.

Die römische Brücke

Die römische Ansiedlung ist ihrer geografischen Lage zu verdanken. Die römische Heerstraße Via Agrippinensis – heute eher bekannt als Via Belgica – traf hier auf eine flache Stelle im Fluss. Das ermöglichte Mitte des ersten Jahrhunderts den Bau einer Brücke. Als einzige dauerhafte Überlandverbindung für Handel und Versorgung der Armeen war sie von entscheidender Bedeutung.

Das schuf die Voraussetzungen für eine römische Handelsniederlassung. Die Brücke wurde zum wichtigsten Ereignis in der Stadtgeschichte und Mittelpunkt Maastrichts. Im Jahre 1275 brach sie zusammen, als gerade eine Prozession das Bauwerk passierte. Ein schreckliches Unglück gewesen; 200-400 Menschen verloren vermutlich dabei ihr Leben.

Die Überreste der romeinse brug wurden 1963 zufällig bei Baggerarbeiten entdeckt.

Etwa 60 Jahre zuvor fand man eine Art Damm aus Pfählen und Steinen in der Maas. Da man ihn als nicht sicher für die Schifffahrt einstufte, grub man an dieser Stelle erneut. Die Arbeiten erfolgten in dem Bewusstsein, dass hier wahrscheinlich der ein oder andere Rest eines Bauwerks aus dem Altertum zu finden sein könnte.

Es wurden etliche Steine und Hölzer aus dem Wasser geholt. Leider wurden bei diesen Arbeiten größere Teile des Damms und mindestens ein Brückenpfeiler zerstört. Schließlich wurden die geborgenen Fundstücke gemeldet und man ging professionell an die Sache ran.

In Tauchgängen wurde der offensichtlich historische Fund von Fachleuten begutachtet. Als man den von Baggerarbeiten unberührten Teil untersuchte, entdeckte man ein Gerüst aus schweren Eichenbalken und andere dicht daran liegende Balken. Darüber hinaus wurden viele weitere Pfähle und Steine ​​gesichtet.

Das passte zu den Vermutungen; die Römer bauten ihre

Brücken aus Steinsäulen mit hölzernen Spannweiten.

Spätere archäologische Untersuchungen der Fundstücke ergaben, dass das für die Spundwände verwendete Holz aus der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts stammte. So konnte die Brücke zeitlich zugeordnet werden.

Seit dem Bau der römischen Brücke ist Maastricht bis zum heutigen Tag ununterbrochen bewohnt geblieben. Zwischen 1280 und 1298 wurde als Ersatz etwa 100 Meter stromabwärts eine neue Brücke gebaut. Die damalige Maasbrug und heutige St. Servaasbrug bestand aus neun Steinbögen und einer Holzbrücke.

Letztere konnte im Falle einer Belagerung schnell demontiert werden, um Eindringlingen den Weg abzuschneiden. Einer der Bögen – hier ganz links zu sehen – wurde später zugemauert. Da sich der Verlauf der Maas etwas verändert hatte, lag das Gewölbe auf dem Trockenen.

Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)][/caption]

Ein Weiterer wurde in den 1930er Jahren gesprengt und durch einen beweglichen Brückenteil aus Eisen ersetzt. Heute hat sie noch sieben Bögen, eine Länge von 160 und eine Breite von 9 Metern. Die größte Bogenweite  beträgt 13,5 m. Der jüngere, eiserne Teil der Brücke lässt sich bei Bedarf ‚aufklappen‘. So können größere Schiffe diese Stelle durchfahren.

Die alte Maasbrücke musste im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder repariert  werden. Dabei änderte sich auch ihr Erscheinungsbild. Im 17., 18. und 19. Jahrhundert wurde sie mehrfach restauriert – zuletzt 1948 aufgrund schwerer Kriegsschäden.

Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)][/caption]

1932 erhielt sie übrigens ihren heutigen Namen; St.-Servatius-Brücke. Benannt wurde sie nach dem gleichnamigen Bischof von Tongern-Maastricht und späteren Schutzpatron der Stadt. Ihm zu Ehren fügte man auch eine Skulptur hinzu:

Servatius von Tongern stammte vermutlich aus einer jüdischen Familie in Armenien. Genaue Lebensdaten und welche Bedeutung er tatsächlich für Maastricht hatte lässt sich nicht feststellen. Einzig, dass er um 345 zum ersten Bischof des Bistums Tongern-Maastricht-Lüttich ernannt wurde scheint Fakt zu sein. Um sein Leben und Wirken ranken sich viele Legenden.

Wer war Servatius von Tongern?

Trotz umfangreicher Recherchen konnte ich keine eindeutigen Aussagen finden. Laut Quellen jüngeren Datums und historischer Schriftstücke werden ihm die verschiedensten Wunder, Heilungen und Weissagungen nachgesagt. Je mehr ich dazu lese, desto verworrener ist es. Es gibt viele und zum Teil gänzlich widersprüchliche Überlieferungen. Daher werde ich dazu auch nicht viel schreiben.

Servatius lebte zuletzt in Maastricht, wo er eine christliche Gemeinschaft gründete. Am 13. Mai starb er im Alter von 96 Jahren in der Stadt an der Maas und wurde dort auch bestattet. Über sein Grab wurde eine hölzerne Gedächtniskapelle errichtet. Um 549 wurde sie durch eine steinerne Kirche mit Krypta ersetzt.

Um Servatius soll nach seinem Tod ein regelrechter Kult ganz Westeuropa erfasst haben.

Maastricht wurde zum religiösen ‚Touristenziel‘ und einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte des Mittelalters. Hunderttausende Pilger besuchten das Grab des Heiligen. Dieser Zustrom machte nach und nach Erweiterungen der Kirche über dem Grab notwendig. So entstand nach und nach ein monumentales Bauwerk; die heutige Sankt Servatius Basilika. Sie ist die älteste Kirche der Niederlande.

Alle 7 Jahre findet noch heute das Servatius-Fest statt. Mit dieser Heiligtumsfahrt ehren die Maastrichter ihren Schutzpatron. Bei der festlichen Prozession trägt man seine Büste, Bischofsstab, Brustkreuz, Patene und Kelch durch die Straßen der limburgischen Stadt. Mittelpunkt dabei ist der goldene Schrein mit den Gebeinen Servatius.

Stadt unter Doppelherrschaft

Bischof Hubertus von Lüttich verlegte im 8. Jahrhundert das Bistum nach Lüttich. So verlor Maastricht die christliche Diözese und entwickelte sich zur Stadt unter Kondominat. Liebfrauenkirche und die früheren römischen Teile Maastrichts unterstanden dem Prinzbischof* von Lüttich.

Der karolingische Teil incl. Vrijthof und St. Servatius ging in die Herrschaft des Herzogs von Brabant über. Die Alde Caerte regelte 1284 urkundlich die Doppelherrschaft Maastrichts unter dem Bischof von Lüttich, Johann von Flandern und dem Herzog Jan I. von Brabant. Die Übereinkunft löste viele Streitpunkte und behielt ihre Gültigkeit bis 1794.

Prinzbischof und Herzog waren gleichrangige Herrscher der ungeteilten Stadt. Der Stadtrat setzte sich je zur Hälfte aus beiden Parteien zusammen. Die Maas wurde aufgeteilt. Der Prinzbischof herrschte stromaufwärts, der Herzog stromabwärts.

Wer wann der der kleinstädtischen Siedlung Stadtrechte verlieh ist unklar.

Urkundlich werden die bestehenden (!) Stadtrechte von Maastricht 1220 von Hugo, Bischof von Lüttich und Hendrik, Herzog von Brabant, bestätigt. Im Jahr 1229 erhält Maastricht die Erlaubnis, eine Stadtmauer zu errichten.

Deren Reste sieht man heute noch, wie hier der ‚Onze Lieve Vrouwewal“:

Die Mauer bestand aus Kohlesandstein, hatte eine Länge von etwa 2,5 Kilometern und eine Höhe von 6 bis 8 Metern. 11 Tore gab es, von den größeren blieb nur der Helpoort übrig:

Weitere Reste einer Stadtmauer sieht man hier:

Ehemalige Festungsanlage im Jekerkwartier:

Garnisonsstadt

Reste ehemaliger Festungsanlagen und Stadtmauern sowie ein 14 km langes unterirdisches Labyrinth aus Ziegelsteintunneln und Bergwerksstollen zeugen von kämpferischer Historie. Jahrhundertelang war Maastricht eine der wichtigsten Garnisonsstädte im Nordwesten Europas.

Die Stadt am Handelsweg zwischen Flandern und Rhein war aufgrund ihrer Lage strategisch äußerst günstig gelegen. Damit war sie von großem Interesse und immer wieder Belagerungen ausgesetzt.

Das veränderte die Stadt. Anstelle von Holzhäusern wurden große Steinhäuser errichtet. So wollte man Feuersbrünsten entgegenwirken. Ein Kanalisationssystem erleichterte das tägliche Leben und Straßenbeleuchtung sorgte für mehr Sicherheit. Landwirtschaft innerhalb der Stadtmauern wurde untersagt.

Belagerungen und Besetzungen

1267 wurde Maastricht von den Brabantern belagert und schließlich besetzt. Bischof Heinrich versuchte vergeblich die Stadt wieder unter seine Kontrolle zu bekommen. Zwei Jahre später schloss er einen Kompromiss mit dem Herzog Johann I. von Brabant und zog sich militärisch zurück.

Nach dem Bau der neuen Brücke 1280 – 1298 folgte eine Zeit des Wohlstands. Der Handel blühte und die Bevölkerung wuchs. Liebfrauenkirche und St. Servatiuskirche wurden vergrößert und viele Klöster entstanden. Gotische Kirchen wurden errichtet. Die sakralen Baumaßnahmen zogen Handwerker und Künstler an. Es folgte die Blütezeit maasländischer Kunst.

Maastricht und die Spanier

Im 15. Jahrhundert ging Brabant im burgundischen Reich auf. Wodurch Maastricht zum Teil unter die Oberhoheit der Habsburger gestellt wurde. Im Verlauf des Achtzigjährigen Krieges hatten die Spanier 1579 unter Alexander Farnese, Herzog von Parma, Maastricht belagert und weitgehend zerstört.

Zuvor hatten Garnison und Bürger in der Hoffnung auf Befreiung vier Monate unter  der Belagerung ausgeharrt. Doch dann wurde die Stadt nach heftigen Gefechten erobert. Die Spanier wüteten regelrecht, mordeten und plünderten.

Hunderte Bewohner Maastrichts verloren ihr Leben.

Zeitgleich kam es zur Gründung der Utrechter Union. Zwei Jahre später sagten sich die nördlichen Niederlande offiziell vom spanischen Monarchen los und setzten ihn als ihren Souverän ab. Brüssel und die südlichen Provinzen blieben unter Herrschaft des spanischen Königs und die Generalstaaten übersiedelten nach Den Haag.

Die Generalstaaten versuchten zweimal erfolglos Maastricht zurück zu erobern. Erst Friedrich Heinrich von Oranien gelang schließlich 1632 die Befreiung im Kampf um die Unabhängigkeit der Niederlande. Die Doppelherrschaft über Maastricht blieb jedoch bestehen.

Die Generalstaaten der Republik der sieben Vereinigten Provinzen übernahmen lediglich die Rechte des Herzogs von Brabant. Nach dieser Übernahme modernisierten sie die Festung Maastrichts und legten einen neuen Außenfestungsring an.

Maastricht und die Franzosen

Im Französisch-Niederländischen Krieg (1672–1679) wurde die Stadt 1673 von französischen Truppen unter Ludwig XIV besetzt.. Während des Kampfes fiel Charles de Batz-Castelmore d’Artagnan, der Chef der 1. Kompanie der Musketiere des Königs, vor der Stadtmauer Maastrichts am Tongerer Tor. Wilhelm III. von Oranien belagerte die Stadt um sie von den Franzosen zurückzuerobern; leider vergeblich.

Im Jahre 1674 wurde der Friede von Westminster zwischen den Vereinigten Niederlanden und dem Großbritannien unterschrieben. Damit waren die Franzosen isoliert und gezwungen die Niederlande zu räumen – mit Ausnahme von Maastricht. Die Stadt blieb bis zum Frieden von Nimwegen 1678 französisch. Doch damit sollte das Kapitel Maastricht für die Franzosen noch nicht abgeschlossen sein.

Am 4. November 1794 wurde Maastricht im Laufe der

französischen Revolution unter General Kléber eingenommen.

Die Revolutionsarmee beendete die bis dahin andauernde Doppelherrschaft. und unterstellte Maastricht dem Departement der Niedermaas. Damit war die Stadt an der Maas ein Teil von Frankreich. Unter dieser Herrschaft änderte sich alles.

Unzählige Kirchen und Klöster wurden geschlossen, klerikale Besitztümer und Gebäude beschlagnahmt und militärisch genutzt. Maastricht musste nun auch die revolutionären und napoleonischen Kriege mitfinanzieren.

Maastricht wird und bleibt ein Teil der Niederlande

Nach der Niederlage Napoleons wurde auf dem Wiener Kongress (1814-1815) Europa neu geordnet. Aufgrund dieser territorialen Aufteilung wurde Maastricht Teil des Vereinten Königreich der Niederlande.

Das neue Bündnis hielt nicht lange. 1830 erklärten die belgischen Provinzen des Landes ihre Unabhängigkeit. Maastricht war geografisch auch ein Teil Belgiens, hielt aber loyal zum niederländischen König Wilhelm und blieb 1839 nach der Teilung Limburgs niederländisch.

Der zweite Weltkrieg

Zuletzt wurden sie von den Deutschen belagert;  vier Jahre, vier Monate und vier Tage. In dieser Zeit lagerten die Besatzer übrigens wertvolle Kunstschätze in den Grotten des St. Pietersberg. Im sogenannten Kunstbunker (offiziell Reichslagerplatz Nr. 9) lagerten 800 Werke.

Darunter die Nachtwache von Rembrandt, die für eine Milliarde Gulden versichert war und aufgerollt in einer Holzkiste lag. Soldaten und niederländische Militärpolizisten hielten Wache. Die Deutschen hatten geplant, damit nach dem Krieg wertvolle Beute zu machen. Doch glücklicherweise blieben die wertvollen Schätze  in den Niederlanden.

Wie überall hatten vor allem die Maastrichter Juden unter den Deutschen zu leiden.

Die Meisten von ihnen wurden 1942 in deutsche Vernichtungslager deportiert. Von etwa 515 Betroffenen überlebten nur knapp 120. Am 14. September 1944 wurde Maastricht von US-Truppen befreit. Leider war die militärische Aktion zuvor von großem Leid begleitet.

Die Amerikaner wollten am 18. August mit der Zerstörung der Eisenbahnbrücke den Rückzug der Deutschen verhindern. Doch statt der Brücke wurden zwei angrenzende, dichtbesiedelte Wohngebiete von der Bombardierung getroffen. 129 Tote und Hunderte Verletzte waren das traurige Ergebnis. 1550 Maastrichter wurden obdachlos.

Die Brücke hingegen blieb weitgehend unbeschadet. Maastricht war die erste befreite Stadt in den Niederlanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine sehr große Wohnungsnot, ein Problem, das schon aus den dreißiger Jahren herrührte. In den Jahren danach wurde der historische Kern der Stadt restauriert und die Außenbezirke ausgebaut.

Frühe Industrialisierung

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Armut in Maastricht groß.  Da die Franzosen so viele kirchliche Einrichtungen geschlossen und deren Besitztümer enteignet hatten, gab es kaum mehr Institutionen die Abhilfe schaffen konnten.

Mit der Ansiedlung verschiedener Großindustrien ab ca. 1830 veränderte sich vieles. Die Keramikindustrie hat Maastricht geprägt. Die Stadt an der Maas wurde im 19. Jahrhundert zu einem der wichtigsten Industriestandorte der Niederlande.

Petrus Regout und „De Sphinx“

Daran war der Fabrikant Petrus Regout (1801-1878) maßgeblich beteiligt. Der erste Großindustrielle der Niederlande war ein Pionier auf dem Gebiet der Industrialisierung und in dieser Entwicklung eine treibende Kraft.

Er gründete 1834 unter dem Namen Petrus Regout & Co. zunächst eine Glasfabrik. Zwei Jahre später startete er mit Keramikproduktion; einfache Produkte für einen lokalen Markt. Regouts Unternehmen bekam später den Namen Koninklijke Sphinx und war die erste maschinelle Großfabrik.

Sphinxfabrik um 1865: (Bild: Wikimedia)

Sphinxfabrik um 1900

Sphinxfabrik vor der Modernisierungswelle der 1930er Jahre (Zeichnung für eine Werksbroschüre, 1905.)

Zu Regouts Einsatz gegen die Armut seiner Arbeiter gibt es verschiedene Meinungen. Einerseits liest man, er habe diesbezüglich nicht das beste Ansehen gehabt. Obwohl er die Industrie als Instrument zur Bekämpfung der Verarmung vorschlug, habe er dabei weder Bildung noch Gesundheitsfürsorge berücksichtigt. Er sei der Meinung gewesen, Arbeiter seien mit Unterkünften, Essen und Bezahlung ausreichend entlohnt.

Andere Quellen behaupten genau das Gegenteil. Danach hat Regout alles für ihn Mögliche getan um die Wohnsituation zu verändern. Er soll immer wieder neue Grundstücke gekauft und darauf Häuser für seine Arbeiter gebaut haben. Angeblich beherbergte er sogar mehrere Arbeiter in seinem eigenen Haus.

Auch die hygienischen Zustände versuchte er zu verbessern. Die Interessen seiner Arbeiter waren auch in seine. Dafür lag er in ständigem Streit mit der Stadt. Doch letztlich hinderte demnach die Politik Regout daran, eine angemessene Wohnsituation zu schaffen und die Hygienebedingungen zu verbessern.

So waren die benachteiligten Schichten der Bevölkerung aufgrund ihrer Lebensbedingungen vielen Krankheiten hilflos ausgesetzt. Das Schlimmste; sie waren auch ohne medizinische Versorgung. So verursachten im 19. Jahrhundert vier Cholera-Epidemien Tausende Opfer.

Société Céramique

1851 gründeten die Unternehmer Charles und Jérôme François Chainaye gemeinsam mit Wynand Nicolaas eine Töpferei im Stadtteil Wyck. Im Laufe der Unternehmensgeschichte wurde sie unter dem Namen „Société Céramique“ bekannt und zum Hauptkonkurrenten Regouts.

Der moderne Stadtteil Céramique in Wyck entstand auf dem ehemaligen Industriegebiet nach dem Abriss der meisten Fabriken. Die heute bevorzugte Wohngegend trägt den Namen als Reminiszenz an die große Tradition der Keramikherstellung.

Céramique ist ein Stadtteil, der sich vom Rest der Stadt deutlich abhebt.

Der 1987 vorgestellte Masterplan für dieses Viertel stammt vom ortsansässigen Architekten Joe Coenen. 

Leitbild war dabei die „Europäische Stadt“; Nutzungsmischung von Wohnen, Leben und Arbeiten. An der Umsetzung waren in ab 1990 weitere namhafte, internationale Architekten wie z.B. Mario Botta, Aldo Rossi und Álvaro Siza Vieira beteiligt.

Schlendert man heute durch die modernen Wohn- und Geschäftskomplexe, fällt schnell die vorherrschende Farbe der Ziegelsteine auf. Sie soll ebenso wie der Name an die Zeiten der Keramikindustrie erinnern.

„La Fortezza“ eröffnet sozusagen das Viertel und erinnert in seiner Form bewusst an eine Festung.

Großzügige Eingangsbereiche prägen die Entrés auf der Avenue Céramique:

Das Centre Céramique ist ebenfalls ein Entwurf von Joe Coenen. Es beherbergt die Stadtbibliothek und präsentiert Objekte des kulturellen Erbes Limburgs:

Dazu gehören archäologische Funde, Instrumente, Schulwandbilder und japanische Drucke. Original Keramik aus Maastricht und Glas sind jedoch der Schwerpunkt. Wenn Sie einmal sehen möchten, was die Stadt so geprägt hat, finden Sie hier die schönsten Exemplare.

Eisenbahn

Mit zunehmender Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde der Ruf nach mehr Transportmitteln und -wegen für Arbeiter und Wirtschaftsgüter laut. Der Bau von Straßen und Kanälen wurde staatlich gefördert. Eisenbahnbau jedoch war Privatinteresse.

Am 21. Juli 1845 wurden zwei gleichnamige Gesellschaften gegründet; Aken-Maastrichtsche Spoorweg-Maatschappij (AMSM) =  Aachener-Mastrichter-Eisenbahn-Gesellschaften (AMEG). Die gemeinsame Aachen-Düsseldorfer Strecke konnte am 17.01.1853 in Betrieb gehen.

Im selbern Jahr riefen sie die erste grenzüberschreitende Eisenbahnlinie der Niederlande ins Leben. Die vom ehemaligen Rheinischen Bahnhof in Aachen über Laurensberg nach Maastricht führende Strecke wurde am 23.10.1853 eingeweiht.

Das war nicht nur eine Erleichterung für Reisende zwischen Aachen und Maastricht. Sie ermöglichte Bauern ihre landwirtschaftlichen Produkte auf Märkten anzubieten und darüber hinaus Zechenregionen zu erschließen. Güter- und die Personenzüge waren in der Folge gut ausgelastet.

Wichtig; sie schuf eine Verbindung zu den niederländischen Wasserstraßen.

1872 wurde zusätzlich eine kleine Kohlenbahn angelegt, die den Bahnhof Simpelveld mit der Zeche Domaniale in Kerkrade verband. In Simpelveld wurden die Kohlen auf die Güterwagen der Aachen-Maastrichter Bahn umgeladen.

Der Bau der Eisenbahn verband Maastricht nicht nur mit Deutschland. Belgien und Frankreich verfügten ebenfalls bereits über gut ausgebaute Schienennetze und ermöglichten eine Anbindung.

Alter Fahrplan – Quelle: Wikipedia

Die ersten Bahnhöfe lagen aufgrund der Festungsringe außerhalb der Stadt auf dem Gebiet von Meerssen. 1915 konnte der heutige Maastrichter Bahnhof eröffnet werden.

Foto folgt in Kürze!

Im ersten Weltkrieg kam der Verkehr auf der Strecke Aachen – Maastricht durch die hermetische Abriegelung der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden vollkommen zum Erliegen. Während des zweiten Weltkrieges wurde die Strecke Aachen – Maastricht nicht gesperrt. Sie wurde für den Transport von Soldaten und Material genutzt. 

Reichsdenkmäler

Von der langen, reichhaltigen Geschichte der limburgischen Hauptstadt zeugen noch heute viele beeindruckende Bauwerke. In Maastricht stehen zahlreiche sogenannte Rijksmonumenten = Reichsdenkmäler. 1684 dieser mindestens 50 Jahre alten, unter Denkmalschutz stehenden Bauten gibt es laut offizieller Liste.

Für so eine eher kleine Stadt ist das eine ganze Menge. Maastricht steht damit an zweiter Stelle gleich hinter Amsterdam. Hier einige Beispiele:

Das ehemalige Faliezustersklooster aus dem Jahr 1647:

Sint-Janskerk gebaut 1632 – Turmhöhe 80 m:

Das Rathaus aus dem 17. Jahrhundert:

In Maastricht wurde 1992 der „Vertrag über die Europäische Union“ – auch bekannt als „Vertrag von Maastricht“ – unterzeichnet. Vertreter von 12 Ländern besiegelten darin u.a. die Voraussetzungen für eine einheitliche Währung und reagierten damit auf den Fall des Eisernen Vorhangs. Aus der Europäischen Gemeinschaft wurde die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion.

Das Governement; hier wurde der Vertrag besiegelt:

Über die Grenzen hinaus bekannt ist die Stadt aber auch Dank der 1976 gegründeten Maastricht University. Sie genießt einen excellenten Ruf. In den verschiedensten Rankings wurde die Uni, bzw. einzelne Fachbereiche beachtlich hoch eingestuft. 

Wer in Maastricht einen Abschluss macht, hat daher gute Aussichten auf Karriere. Kein Wunder, dass sie einen sehr hohen Anteil ausländischer Studenten verzeichnet. Von etwa 16.000 (Stand 2019) immatrikulierten Studenten kommen fast die Hälfte aus anderen Ländern, vor allem aus Deutschland.

Maastricht heute

Im 21. Jahrhundert ist Maastricht eine moderne, weltoffene Stadt voller Lebensfreude und dem burgundischen Flair vergangener Zeiten. Sie ist nicht nur eine der ältesten sondern auch einer der schönsten Orte in den Niederlanden. Hier lässt sich das Leben genießen aber auch auf den Spuren ihrer reichhaltigen Geschichte wandeln.

Egal ob Römer, Spanier, Franzosen oder Holländer; die verschiedenen Kulturen der Vergangenheit haben die Stadt geprägt. Kein Wunder also, dass die Stadt so viele Menschen anzieht.

Vielleicht reisen auch Sie gerne nach Maastricht? Vielleicht waren Sie auch noch nie dort und ich habe Sie neugierig gemacht? Das würde mich freuen. Und wer weiß; vielleicht sehen wir uns einmal dort …

*Prinzbischof: Das Fürstenturm Lüttich war mehr als 10 Jahrhunderte lang unabhängiges Gebiet, regiert von einem Prinzbischof, der sowohl die religiöse als auch die politische Macht ausübte.

Literatur und weiterführende Links:

– „Bahnstrecke Aachen–Maastricht“. In Wikipedia, 20. Mai 2022. .
– Bank, European Central. „Fünf Dinge, die Sie über den Maastricht-Vertrag wissen sollten“. European Central Bank, 18. November 2021.
– „Bemerkenswelt :: AUSFLUG :: Maastricht“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– Borowski, Birgit, und Achim Bourmer. Baedeker Reiseführer Niederlande. Mairdumont, 2016.
– „De monumenten in de gemeente Maastricht. Deel 1“, o. J., 716.
– „Die Stollen unter Maastricht: “. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– Van Vugt, M. J. Q. M. (2015). Een arbeidersbuurt onder de rook van ‘De Sphinx’ : een sociaal-ruimtelijke geschiedenis van het Boschstraatkwartier-Oost te Maastricht, 1829-1904. [Doctoral Thesis, Maastricht University]. Uitgeverij Verloren. Zugegriffen 21.05.2022. – https://doi.org/10.26481/dis.20150227mv
– „DPG Media Privacy Gate“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Geschichte Kruisherenhotel Maastricht“. Zugegriffen 2. Juni 2022. .
– Oostwegel Collection. „Geschichte Kruisherenhotel Maastricht“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Giebelsteine, noch viele originale in Amsterdam und Maastricht“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Große Römerstraße von Aachen nach Maastricht entdeckt – WELT. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Helpoort in Maastricht | Expedia“. Zugegriffen 2. Juni 2022..
– „Hoofdstuk 5a: De sociale toestanden in de aardewerkindustrie in de 19e eeuw in Maastricht – Blik op de Wereld“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Stadtpark“. Besuche Maastricht. Zugegriffen 2. Juni 2022.
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– „Kruisherenhotel – SATIJNplus Architecten uit Born“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Kulturelle Sehenswürdigkeiten von Maastricht. Was zu besuchen – Museen, Tempels, Schlösser und Paläste“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
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– „Maastricht – Halfautomatische Troostmachine“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
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– „Michel Huisman: Art and the Human Thought Process | TEDxMaastricht“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Maastricht: Maastricht offenbart viele wertvolle Geheimnisse abseits der bekannten Pfade“. Aachener Nachrichten, 6. Januar 2018.
– „Romeinse brug Maastricht rijksmonument – MONUMENTAAL“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
 „Servaas (Servaasbrug) – Charlesvos.nl“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– Steen, Paul van der. „Een stampende processie werd de Romeinse brug van Maastricht fataal“. Trouw, 17. August 2018.
– „Umgewandelte Kirchen in Maastricht: Schmökern, speisen, schlafen – DER SPIEGEL“. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– „Maastricht: Eine der ältesten Städte der Niederlande | DW | 27.08.2013“. DW.COM. Zugegriffen 2. Juni 2022.
– Zeitung, Aachener. „Maastricht: Das neue alte Filmhaus an der Maas“. Aachener Zeitung, 26. November 2016.

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