Out of UK – Square Mile
20. März 2014

Da war ich nun mitten in London,

und doch nicht in Großbritannien.

Wie das geht? Die Antwort lautet; City of London – oder auch Square Mile genannt. Sie umfasst, ausgehend vom Ufer der Themse Richtung Norden rund eine Quadratmeile – daher der Name. Sie ist sowohl das historische als auch wirtschaftliche Zentrum von Greater London und der größte Finanzhandelsplatz der Welt.

Rechtlich gesehen gehört sie aber nicht zu Großbritannien. Sie ist exterritoriales Gebiet und besitzt seit 886 das Recht zur Selbstverwaltung. Seit dem 12. Jahrhundert besteht das entsprechende Lokalparlament. Die City hat einen eigenen Bürgermeister, den Lord Mayor, sowie eine eigene Polizei.

Verwaltet wird sie durch die City of London Corporation. Britische Gesetze gelten nicht. So können die dort tätigen Manager ungestört und international mit Wertpapieren und Devisen handeln, ohne von einem Gericht belangt oder einer Regierung kontrolliert zu werden.

Kurios; aufgrund der besonderen Rechtslage muss sich die Queen wie bei üblichen Staatsbesuchen anmelden, möchte sie das Gebiet betreten.

Rein geografisch ist die City der kleinste Stadtteil Londons.

So leben hier auch nicht mehr als etwa 12.000 Einwohner. Dem entgegen stehen ca. 350.000 Menschen, die ihre Arbeitsplätze in der Square Mile haben. Mehr als die Hälfte davon arbeitet in einer der Banken. Die anderen sind bei Ratingagenturen, Anwaltskanzleien, Versicherungen, Revisionsgesellschaften oder an einer der Börsen tätig.

Finanzdienstleistungen sind heute der wichtigste Sektor der britischen Wirtschaft. Sie machen rund zehn Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung aus. Läuft man durch die Straßen der City sieht man fast ausschließlich Männer in schwarzen Anzügen und Frauen in schicken Business-Kostümen.

Als Tourist wird man sofort an der ’normalen‘ Kleidung erkannt.

Ich fühlte mich irgendwie eigenartig, als ich mich so in meinem der Fototour angemessenen, bequemen Outfit zwischen BankerInnen und BrokerInnen bewegte. Einerseits fand ich es erheiternd, andererseits wieder beinahe unwirklich; als sei ich in eine fremde Welt hineingeraten. Und irgendwie ist es ja auch tatsächlich so …

In der City of London zählt nur eines;

Geld, Geld und nochmals Geld.

Sie ist einer der größten und wichtigsten Finanzhandelsplätze der Welt. Die maßgeblichsten britischen Banken haben sich hier niedergelassen, darunter natürlich die ‚Big Four‘: HSBC, Royal Bank of Scotland RBS, Barclays Bank und Lloyds Banking Group. Dazu kommen ca. 500 ausländische Banken.

Auch die wichtigsten Börsen sind hier angesiedelt. Fast 50 % aller internationalen Börsengänge und des Aktienhandels werden in London abgewickelt. In Sachen Devisenhandel hat die Stadt die führende Position inne. Beim Kreditderivatehandel beträgt der Marktanteil vierzig Prozent.

London Stock Exchange (LSE) ist eine

der größten und ältesten Börsen Europas.

Sie bewegt täglich 46 Milliarden Pfund. Auch einer der wichtigsten Metallhandelsplätze hat hier seinen Sitz. Die London Metal Exchange handelt mit Aluminium, Kupfer, Blei und anderen Metallen. Ihr Handelsvolumen wird auf ca. 2.000 Milliarden $ jährlich geschätzt.

Lloyds of London ist ebenfalls eine Börse. Sie handelt mit Versicherungen. Auf den Gebieten Seerecht, Seetransportversicherung und Schiffsmaklerei ist die City die erste Adresse. Die Baltic Exchange ist ein globaler Marktplatz für Schiffsmakler, Reeder und Charterer, und macht einen Jahresumsatz von 8,4 Millionen USD. Das 1744 gegründete britische Unternehmen veröffentlicht täglich die Preise für den weltweiten Frachttransport.

Damit ist das britische Unternehmen die einzige unabhängige

Quelle von sog. Marktindizes für den Seetransport.

Erreicht man die Lime Street Passage, bzw. die Gracechurch Street, steht man vor den viktorianischen Arkaden von Leadenhall Market. Es ist ein unwirklich scheinendes Bild. Der Bau mit der besonderen Dachkonstruktion und den  künstlerisch gestalteten Fußböden ist ein ziemlicher Kontrast zu den kühlen Fassaden der Wolkenkratzer und sonstigen Bürogebäude.

Die überdachte, verzweigte Markthalle beherbergt Bekleidungsgeschäfte, Restaurants und Cafes. Leadenhall Market hat seinen Ursprung im 14.  Jahrhundert. Leider fiel die damalige Halle dem Londoner Stadtbrand 1666 zum Opfer.

Bis 1881 diente ein Provisorium als Markthalle. Dann erfolgte ein kompletter Neubau, der bis heute weitgehend erhalten ist. Seit 1972 steht er unter Denkmalschutz. Übrigens war diese Location auch Drehort für einen der Harry-Potter Filme.

In der City of London stehen nicht gerade wenige Skyscraper.

Um diese zu fotografieren war ich dort. Schade, dass ich dazu nur einen Vormittag Zeit hatte und auch das Wetter nicht wirklich mitspielte. Außerdem habe ich nicht alle bedeutenden Bauwerke geschafft. So plane ich bereits den nächsten Aufenthalt. Mit der neuen Kamera erhoffe ich mir dann auch wesentlich bessere Fotos.

Der auffälligste Wolkenkratzer ist der 30 St Mary Axe,

gerne auch The Gherkin (Essiggurke) genannt.

Das 180m hohe Bauwerk wurde von  Ken Shuttleworth und Lord Norman Foster entworfen, und im Jahre 2004 fertiggestellt.

Das höchste Gebäude in der City of London

ist der Heron Tower, bzw. (110 Bishopsgate).

Er weist eine beeindruckende Höhe von 230 Metern inclusive Mast auf. Der von dem Architekten Lee Polisano entworfene Bau wurde 2011 fertiggestellt:

Mit 183 Metern ist der Tower 42 das zweithöchste Gebäude der City of London.

Der Architekten Richard Seifert entwarf und plante den Wolkenkratzer. Das im Jahre 1980 fertiggstellte Bauwerk war damals das mit Abstand höchste Gebäude in der City:

Der derzeit wohl ungewollt bekannteste Wolkenkratzer

ist das von Rafael Viñoly entworfene ‚Walkie Talkie‘.

Das 160m hohe, und noch im Bau befindliche Gebäude hat einen Planungsfehler. Die Entwickler haben den Stand der Sonne nicht korrekt berücksichtigt. Das hat zur Folge, dass die konkav geschwungene Glasfassade für etwa zwei bis drei Wochen im Jahr die Sonnenstrahlen wie ein Brennglas bündelt.

In der Nachbarschaft davon betroffene Cafés und Geschäfte der Fenchurch Street mussten im Sommer 2013 durch Gerüste mit schwarzen Netzen geschützt werden. Drei Parkplätze wurden vorsichtshalber gesperrt.

Das Leadenhall Building, auch ‚The Cheesegrate‘ – also Käsereibe – genannt, ist derzeit noch im Bau und soll nach Fertigstellung eine Höhe von 225 m aufweisen. Planung und Entwurf erfolgte durcvh Rogers Stirk Harbour + Partners.

Das Willis Building – auch bekannt unter dem Namen ’51 Lime Street‘ – beträgt

in der Höhe fast 125 m und wurde von Foster + Partners geplant.

Der Entwurf soll auf ineinandergreifenden Garnelenschalen basieren. Das Gebäude weist daher drei unterschiedliche Teile, bzw. Höhen auf; 124.9, 97.1 and 68.6m. Die Fertigstellung erfolgte im Jahr 2008:

Das Lloyd’s Building ist der Hauptsitz der Versicherung Lloyd’s of London.

Das von den Architekten Richard Rogers und Mike Davies entworfene Gebäude ist kein Wolkenkratzer, sondern fällt aufgrund einer Höhe von ’nur‘ 95 m lediglich  in die Kategorie Hochhaus. Es sticht jedoch aufgrund der auffallenden Gestaltung nicht weniger imposant hervor.

Der mit Spannung erwartete Pinnacle ist noch im Bau und

wird mit 288 m zu den höchsten Gebäuden Englands gehören.

Das Besondere wird die spiralförmige Fassade sein. Auf diese Fertigstellung freue ich mich sehr. Allerdings wird es noch ein Weilchen dauern, die Baustelle ist noch recht unspektakulär. Aber natürlich prägen dieses Viertel, wie alle in London, auch historische Gebäude. Insgesamt gefällt mir die Square Mile richtig gut.

Läuft man durch die Square Mile spürt man die Macht des Geldes. Und so begeistert und fasziniert ich auch von Wolkenkratzern bin, muss ich doch betonen, dass sich das ausschließlich auf die Bauwerke an sich bezieht. Mit dem, was meist hinter den beeindruckenden Fassaden vor sich geht, habe ich hinsichtlich der weltweiten Armut arge Probleme.

Unvorstellbar, dass direkt an der östlichen Grenze der so

mächtigen und reichen City of London Tower Hamlets liegt.

Das ist eine der ärmsten Gemeinden ganz Großbritanniens. Dort hungern sehr viele Kinder. Steigende Lebensmittel-und Energiepreise stellen die Eltern immer wieder vor die Wahl; Essen oder Heizen. London hat ein wirklich gigantisches Gefälle zwischen Arm und Reich. Traurig und ungerecht, dass eine angemessene Umverteilung so schwer zu bewerkstelligen ist …

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