Fotografie – Glück und Arbeit
18. Oktober 2015

Fotografie ist ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens und kreativen Schaffens. Die Kamera ist mein drittes Auge und ohne sie unterwegs zu sein, versuche ich zu vermeiden. Der Weg zum nahegelegenen Supermarkt, ist der einzige den ich problemlos ‚ohne‘ erledige.

Es ist eine Sucht; immer und überall ist der innere Sucher aktiviert,

der Bildrahmen sozusagen integriert.

Ist die Kamera mal nicht dabei, fehlt einfach was. Fotografie ist einerseits toll, weil sie den Blick öffnet für Dinge, die man sonst vielleicht nicht wahrnähme. Andererseits bedeutet es jedoch echte Arbeit.

Bin ich auf Fototour – egal ob im heimischen Umfeld oder im Ausland, heißt das zunächst früh aufstehen. In Hotels, bin ich in der Regel einer der ersten Gäste im Speisesaal. Manchmal frühstücke ich auch gar nicht, weil ich es nicht abwarten kann, an die Arbeit zu gehen.

Die jeweilige Unterkunft suche ich immer möglichst nah zu den interessantesten und aufwendigsten Fotomotiven aus. So spare ich Zeit, und kann am Abend oder in der Nacht noch mal schnell raus, wenn die Lichtverhältnisse auf gute Fotos hoffen lassen.

Als Frau muss ich auch an meine Sicherheit denken. Und da ist es gerade für die Nachtfotografie wichtig nicht erst quer durch eine fremde Stadt unterwegs sein zu müssen. Immerhin schleppt man ja auch einige Werte mit sich herum.

Carpe diem

Bin ich dann unterwegs, laufe ich auf Hochtouren. Stunde um Stunde, Kilometer um Kilometer, Foto um Foto – nichts und niemand kann mich bremsen. Schlechtes Wetter? Kein Problem; mit Regenschutz für mich und die Kamera geht auch das. Fotografieren ist in meinem Fall ein Zustand völliger Konzentration, in dem jegliches Zeitgefühl verloren geht.

Wenn es gut läuft, bedeutet es pures Glück und kommt tatsächlich einem Rausch gleich. Flow; wer diesen Begriff kennt, weiß was ich meine. Erst die Dunkelheit am Abend lässt mich dann ins ‚Hier und Jetzt‘ zurückkehren. Der Motor fährt wieder runter, und ich spüre Hunger und Durst.

Nach so einem Tag kehre ich mit voller Speicherkarte zurück. Darauf sind je nach Aufenthaltsort zwischen 500 und 1200 Fotos. Und genau damit beginnt dann die manchmal mühselige Arbeit.

Komplexe Programme erfordern komplexes Wissen

Nun heißt es; Bilder sichten, sortieren und bearbeiten. Dank aktueller Technik hat man enorme Möglichkeiten. Bildbearbeitungsprogramme lassen kaum Wünsche offen. Die Bandbreite ist groß. Vom einfachen Programm für Hobbyfotografen bis hin zur Profisoftware ist alles dabei.

Je nach Bedarf liegen sie preislich von kostenlos über erschwinglich bis richtig teuer. Für Profis ist und bleibt das Adobe Sortiment Maß aller Dinge. Die sogenannte Creative Cloud ist für mich ein absolutes must-have. Sie beinhaltet ein regelrechtes Rundumpaket, das Medienkünstlern ein unglaubliches Spektrum bietet.

Ich muss gestehen, sobald ich es öffne, löst es einen pawlowschen Reflex aus; ich muss sofort damit arbeiten! Immer wieder bin ich aufs neue fasziniert, welche unerschöpflichen, künstlerischen Optionen ich damit habe.

Zurzeit arbeite ich, wie wohl alle FotografInnen, vorrangig mit Photoshop und Lightroom. Bei der Computerkunst kommen noch zusätzliche Programme anderer Anbieter sowie ein kleines Eigenes zum Einsatz. Wie von Zauberhand funktioniert eine solche Software natürlich nicht, auch wenn das so mancher Laie denkt.

Gerade im Profibereich handelt es sich um sehr komplexe Programme,

deren Handhabung gelernt sein will.

Da erfordert es schon einige Zeit für die Einarbeitung. Eine gewisse Begeisterung für diese Technik sollte man also haben. Bei MedienkünstlerInnen/FotografInnen kann man das aber wohl voraussetzen, denke ich. Die Bildbearbeitung am PC geschieht über sogenannte Werkzeuge.

Damit kann ich meine Fotos optimieren, um später entsprechende Druckergebnisse zu erhalten. Ich kann nachbelichten, schärfen, weichzeichnen, Bildrauschen entfernen, beschneiden und vieles mehr. Selbst nicht gerade gelungene Aufnahmen lassen sich damit in richtig gute Bilder umwandeln. Das alles ist allerdings auch zeitintensiv; durchaus bis zu einer Stunde für ein solches Foto.

Glücklicherweise ist nicht jede Nachbearbeitung so aufwendig. Notwendig ist sie in jedem Fall. Das erfordert das aufgenommene Format. Ich fotografiere ausschließlich in RAW. Das ist ein Rohdatenformat, sozusagen ein digitales Negativ. Die Kamera speichtert dazu lediglich die Helligkeitsinformationen die der Bildsensor aufnimmt.

Das hat den Vorteil, dass alle Bilddaten erhalten bleiben. Durch die entsprechende Nachbearbeitung – man spricht dabei auch von entwickeln – kann ich so eine höhere Bild- bzw. Druckqualität herausholen. Fotografiert man hingegen im JPEG-Format, werden diese Bilder direkt und automatisch in der Kamera bei der Speicherung bearbeitet. Dazu werden die Dateien komprimiert und verlieren so wertvolle Informationen.

Die folgenden beiden Bilder zeigen Ihnen einmal ‚Vor‘ und ‚Danach‘:

Bei all der zur Verfügung stehenden Technik könnte man nun vielleicht meinen, Fotografie sei ein einfache Sache. Egal wie das Foto wird; der PC wird es schon richten. Nein, so ist es nicht! Fotografie beschränkt sich auch nicht allein auf Technik.

Eine teure Ausrüstung ist nicht mehr als eine gute Grundlage!

Können zeigt sich im Umgang mit der Kamera genauso wie in der Komposition des Fotos. Ersteres erfordert fachliches Wissen, letzteres den ‚richtigen Blick‘. Ein spannendes Motiv ist schnell gefunden, doch mit welchem Objektiv, welcher Blende, welcher Belichtungszeit und aus welchem Winkel oder zu welcher Tageszeit ich es aufnehme, ist entscheidend.

Mir ist da ein Erlebnis in Frankfurt in Erinnerung geblieben. Als ich früh morgens beim ersten Wolkenkratzer meiner Wahl ankam, standen schon etliche Fotografen dort. Blick und Kamera nach oben gerichtet, stolperten sie fast übereinander. Alle hatten in etwa dieselben Aufnahmewinkel.

Erstaunlicherweise war ich die Einzige, die schließlich um das Gebäude herumlief. Und was soll ich sagen; die Rückseite war wesentlich interessanter zu fotografieren. Den ganzen Tag über konnte ich bei jedem Wolkenkratzer dasselbe Spiel beobachten; alle standen an der Vorderseite – außer mir.

„Das eine Auge des Fotografen schaut weit geöffnet durch den Sucher,

das andere, das geschlossene, blickt in die eigene Seele.“

Doch noch etwas anderes macht gute Fotografie aus; ich möchte und muss das Motiv erspüren. Ein Beispiel sind historische Orte. Ich bin vor kurzem gebeten worden, den hiesigen jüdischen Friedhof zu fotografieren. Ich fand eine landschaftlich wunderbar gelegene, aber sehr kleine Ruhestätte mit ca. 20 Gräbern vor.

Ein Auftrag, der schnell erledigt ist, sollte man meinen. Von wegen! Je länger ich mich dort aufhielt, umso stärker erfasste mich die Atmosphäre; friedvoll und tröstlich. Ich las die Grabinschriften und fragte mich wie diese Menschen gelebt haben könnten. Einen halben Tag verbrachte ich dort.

Meine Fotos wurden von Stunde zu Stunde immer besser. Inzwischen war ich ein weiteres Mal dort, und es war nicht mein letzter Besuch. Erst wenn ich in meinen Fotos all das wiederfinde, was ich dort gefühlt habe, werde ich zufrieden sein. Übrigens kam ich auch von den Besuchen dort mit mehreren hundert Fotodateien nach Hause zurück.

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