Canary Wharf
18. März 2014

Im Herzen der Docklands liegt Canary Wharf auf der Isle of Dogs.

Das ist eine Halbinsel im East End der britischen Hauptstadt Londons. Die Isle of Dogs schaut auf eine lange, bewegte Geschichte zurück und war im Mittelalter unter den Namen Stepney Marsh, bzw. Stebunheath bekannt. Es war ein eher abgelegener Ort, der bis 1800 nur aus Weideland bestand.

Gegen die Fluten der Themse schützte ein großer Wall aus Erde, Steinen und Holz. Im Westen gab es Windmühlen, die dem Mahlen von Mais dienten. Millwall nannte man diesen Bereich. Nicht mehr als einige hundert Menschen lebten damals auf der Insel; Müller, Viehzüchter, Fährleute, Fischer und Hirten und ihre Familien.

Im Hafen von London gab es zeitgleich mit steigendem

Wohlstand eine rege Zunahme des Schiffsverkehrs.

Bald wurde der Hafen von so vielen Schiffen angesteuert, dass der Platz zum Be- und Entladen nicht mehr ausreichte. Es wurde beschlossen, das nördliche Ende der Isle of Dogs entsprechend zu nutzen. Man begann mit dem Bau der ‚West Island Docks‘, die im Jahre 1802 eröffnet wurden.

1806 folgten die East India Docks, später die Millwall Dock. Werften, Eisenhütten, Schiffs- und Mastbauer ließen sich hier nieder. Am Millwall wurden viele Hütten gebaut, um ausreichenden Wohnraum für die Arbeiter zu schaffen. Es entstanden neue Straßen, Geschäfte und Pubs, Kirchen und Schulen.

Die Industrie hatte die Isle of Dogs erobert. Die Population wuchs; bald lebten hier mehr als 14.000 Menschen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wuchs sie auf über 21.000 Bewohner an.

Im zweiten Weltkrieg zerstörte eine massive Bombardierung die Docklands.

Viele Bewohner der Isle of Dogs kamen ums Leben oder wurden obdachlos, die meisten Lagerhäuser waren zerbombt. Nach dem Krieg begann man direkt mit dem Wiederaufbau. Neue Wohnhäuser entstanden und die Region erholte sich schnell wieder.

In den 1950er und 1960er Jahren gab es so viel Arbeit in den ansässigen Docks und Fabriken, dass eine Zeit des Wohlstands begann. Die Arbeiter konnten sich nun Autos, Fernseher und andere Annehmlichkeiten leisten. Doch schon in den 1970er Jahren veränderte sich alles.

Der Londoner Hafen konnte mit den neuen Technologien nicht mehr mithalten. Die meisten Docks wurden geschlossen. In der Folge zogen viele Fabriken weg, oder wurden von größeren Unternehmen geschluckt. Es setzte eine große Arbeitslosigkeit ein. Um die einst so  geschäftige Region wurde es still, die alten Docks verfielen.

1981 wurde die „London Docklands Development Corporation“ gegründet.

Ihre Aufgabe war es, das Gebiet wieder neu erstehen zu lassen. Doch das sollte sich im Bezug auf die Canary Wharf schwieriger gestalten als erhofft. Die weltweite Immobilienkrise zu Beginn der 1990er Jahre sowie die fehlende Verkehrsanbindung der Isle of Dogs verhießen zunächst nichts Gutes.

Erst 1995, nach dem Kauf des Geländes durch ein internationales Konsortium, bekam das Ganze den notwendigen Drive. Inzwischen hat sich der ehemalige Standort von Lagerhäusern inmitten der Docks zum Wirtschaftsstandort gemausert.

Große Unternehmen wie Barclays, Morgan & Stanley, HSBC, Citigroup, Bank of America, Barclays, Credit Suisse, Daily Telegraph, Independent, Thomson & Reuters sowie Daily Mirror haben hier ihren Sitz. In schicken Apartmentblöcken wohnen Millionäre und Banker.

Inzwischen verfügt die Canary Wharf natürlich auch über eine eigene U-Bahn Station. Auch per Docklands Light Railway, Bus und Schiff ist der Bezirk verkehrstechnisch optimal angebunden.

Dass Canary Wharf ein Stadtteil Londons ist,

vergisst man völlig, wenn man hier unterwegs ist.

Mit dem, was man im Allgemeinen mit der Hauptstadt Großbritanniens verbindet, hat es wenig zu tun. Glänzende, in den Himmel ragende Bürobauten aus Glas und Stahl prägen das Bild. Eine Welt für sich. Drei der höchsten Wolkenkratzer Großbritanniens stehen hier.

Der One Canada Square ist mit einer Höhe von 236 Metern und 50 Stockwerken das zweithöchste Gebäude Londons:

Insgesamt arbeiten ca. 80.000 Menschen in Canary Wharf. Neben schicken Restaurants, Sushi-Bars und Cafes gibt es auch Hotels und viele stylishe, exklusive Einkaufsmalls. Wöchentlich ziehen die in den Untergeschossen der Wolkenkratzer gelegenen Läden mehr als 500.000 Käufer an. Die insgesamt ca. 200 Geschäfte sind täglich geöffnet. So ist hier ein ständiges Treiben, auch am Wochenende.

Für mich war es ein ergiebiges Fotomotiv. Innerhalb von 5 Stunden habe ich mehr als 600 Fotos gemacht. Dabei hatte es am Morgen zunächst nicht danach ausgesehen.

Als ich in der Frühe voller Vorfreude auf den Tag und die

geplante Fototour die Gardinen aufzog, goss es wie aus Kübeln.

Vom Hotelfenster aus konnte ich normalerweise Canary Wharf sehen. Nun waren hinter dichten Regenwänden gerade noch die Konturen der Wolkenkratzer zu erkennen. Die Wolkendecke zeigte sich grau und dicht. Nicht das kleinste Fitzelchen Blau war zu erkennen, so sehr ich auch danach Ausschau hielt.

Was tun? Erst mal nix! Was würde ein Engländer in einer solchen Situation tun? Abwarten und Tee trinken; etwas anderes blieb auch mir nicht übrig. Nur hieß das bei mir; statt Tee Energydrink. Es war mein Geburtstag – na denn Cheers.

Um mir die Zeit zu vertreiben setzte ich mich an den Laptop und checkte meine Mails und Facebook. Die vielen Glückwünsche lenkten mich nicht nur ab, sie hoben auch meine Stimmung wieder auf Geburtstagslevel an. Und was soll ich sagen, als ich eine Stunde später wieder aus dem Fenster schaute, klarte der Himmel auf.

Vielleicht würde es ja eine Weile trocken bleiben – hoffte ich zumindest. Für ein paar Fotos würde mir das reichen. Also schnell unter die Dusche und ab in die Tube. Canary Wharf lag nur zwei Stationen vom Hotel entfernt.

Als ich aus dem ‚Underground‘ auftauchte, traute ich meinen

Augen nicht; der Himmel strahlte im schönsten Blau.

Ich war wunschlos glücklich und in meinem Element; die Kamera glühte. So erkundete ich Stunde um Stunde die Isle of Dogs. Canary Wharf ist nicht gerade klein. Es gab so viel zu sehen, und es war aufregend. Zwischen diesen Giganten herumzulaufen, machte mir irrsinnig viel Spaß.

Was für ästhetische Motive! Meine Begeisterung raubte mir den Atem. Wochenlang hatte ich mich darauf gefreut, und wurde nicht enttäuscht – im Gegenteil. Man muss es gesehen haben; das maritime Flair der Halbinsel verleiht dem Ganzen etwas sehr Spezielles.

Immer wieder schaut man auf Schiffe, die zwischen den Wolkenkratzern vor Anker lagen; eine tolle Mischung! Ich entdeckte auch die elegante Sea Owl wieder, eine Yacht, die ich Tage zuvor vom Shard aus beim Durchqueren der Tower Bridge fotografiert hatte.

Leider blieb keine Zeit, die andere Seite der Isle of Dogs zu erkunden. Nicht weit entfernt von den modernen Hochhäusern zeigt sich ein völlig anderes Gesicht. Typisch englische Wohnhäuser und Grünflächen mit malerischem Blick auf die Themse vermitteln den Eindruck, als sei man in einer eher ländlichen Gegend. Ein starker Kontrast zum elegant, maritimen Bürogebäudekomplex.

Schade, dass ich das diesmal nicht auch sehen konnte. Aber Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Da ich regelmäßig in London bin, wird es also nicht so lange dauern, bis ich dort mit meiner neuen Kamera und dem bis dahin angeschafften Filmequipment unterwegs sein werde.

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